Full text: Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (Teil 4)

Der deutsch-französische Krieg. 45 
3. Es war deshalb besorgt um die sich immer mehr vollziehende 
Einigung Deutschlands und wollte diese verhindern. 
4. Napoleon fühlte sich auf seinem Thron nicht mehr sicher und 
wollte seine Herrscherstellung durch kriegerische Erfolge festigen. Er handelte 
ganz nach dem Vorbilde seines Vorgängers, Napoleons I.) 
Überschrift? 
Zusammenfassung: Vorwand und Ursache des Krieges. 
II. Der Krieg gegen das Kaiserreich. 
1. Die einmütige Erhebung Deutschlands. 
Ziel: Wie die Deutschen über die anmatzenden Forderungen Frankreichs 
und über die französische Kriegserklärung dachten. 
a) Als die Emser Depesche im Volke bekannt wurde, wurde Ganz¬ 
deutschland aus seiner anfangs ruhigen Stimmung aufgerüttelt. „An 
demselben 15. Juli, an welchem Frankreich aus Eifersucht auf Preußens 
Wachstum den Angriffskrieg beschloß, reiste König Wilhelm von Ems 
nach Berlin zurück. . . Wo der königliche Zug anhielt, waren die Bahn¬ 
höfe mit gedrängten Menschenmassen erfüllt, welche den greisen Herr¬ 
scher mit unablässigen Jubelrufen begrüßten. Da war kein Unterschied 
von alt und jung, von Stadt und Land, von altpreußischen und neu- 
erworbenen Provinzen." „Die Fahrt war ein vollständiger Fackelzug, wie 
ich es kaum für möglich gehalten hätte. Schon im Lahntale standen die 
Leute an Stationen, an denen gar nicht gehalten wurde, dicht gedrängt 
und riefeu Hurra! An Orten, an denen für den König keine große Zu¬ 
neigung vorauszusetzen war, in Gießen und Göttingen, waren die Leute 
wie toll. In Kassel war es kaum zum Durchdringen. Kaum hielt der 
Zug, so kletterten die Leute auf die Wagen; unter neunmaligem Hoch 
und Hurra ging es selten ab. In Börssum, einer kleinen Station, sahen 
wir von weitem schon Fahnen, Schützen, eine Masse Menschen; es war 
ein außergewöhnlicher Zug aus Braunschweig gekommen, dem Könige ein 
Hurra zu bringen. Wie oft haben wir die Rufe gehört; Nach Frankreich! 
Nach Paris! Mobil machen! Einkleiden! In Magdeburg glaubten wir 
die ersten Erklärungen der französischen Minister erwarten zu können. 
Aber es war nichts." „Der Kronprinz, Bismarck, Roon und Mvltke 
waren dem Könige bis Brandenburg entgegengefahren, um ohne Zeit¬ 
verlust gleich die dringlichsten Vorkehrungen mit ihm zu besprechen. Noch 
wollte der König nicht an den Ausbruch des Krieges glauben; er dachte, 
daß jetzt die französische Aufregung sich beruhigen würde. Als der Zug 
in den ebenfalls von dichten Menschenmassen erfüllten und umlagerten 
Berliner Bahnhof eingelaufen war, überreichte auf dem Bahnsteig Herr 
von Thile dem Grafen Bismarck das eben aus Paris gekommene Tele¬ 
gramm mit der Erklärung der französischen Minister. Es wurde Sr. 
Majestät vorgelesen; der König sagte; „Das sieht ja sehr kriegerisch aus; 
da werden wir wohl drei Armeekorps sogleich mobil machen müssen." 
Bismarck sagte; „Majestät, das wird nicht reichen; die Franzosen mobili¬ 
sieren jetzt schon ihre ganze Armee." Der König befahl darauf Bismarck 
eine nochmalige Vorlesung der ganzen Depesche. „Aber das ist ja die 
Kriegserklärung," rief er jetzt in tiefer Bewegung, „also wirklich noch
	        
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