Friedrich Wilhelm I.
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Der damalige österreichische Gesandte am Berliner Hofe schrieb: „Gewiß
ist, daß man von Truppen an Schönheit, Propretät und Ordnung in der
Welt dergleichen nicht sehen kann. Obwohl beim Exerzieren, Marschieren, bei
den Handgriffen und dergleichen viel Gezwungenes mit unterläuft, so sind
doch so viel nützliche uud ordentliche Sachen, so zum Handwerk gehören, dabei,
daß man sagen muß, daß den Truppen und der Armee nicht das Geringste
abgehet. Ihre Zahl ist gegen 70 000 Mann, und es ist kein Regiment, das
nicht über 100 Mann umfaßte. Das Zeughaus ist mit Belagerungs- und
Feldartillerie überflüssig versehen, daß nichts als die Pferde mangeln, selbige
zu bespannen. Es ist ein solcher Vorrat an Pulver, Kugeln und Bomben
vorhanden, als ob ein wirklicher Krieg bevorstehe, so daß man oft in Berlin
und ganz Brandenburg so viel militärische Bewegungen siehet, als in Wien
während des letzten Türkenkrieges gewesen sind. Dies alles nun leitet der
König einzig und allein und arbeitet in allen Dingen mit solchem Ernst, daß
auch kein Taler ausgegeben wird, so von ihm nicht unterzeichnet."
Zusammenfassung: Friedrich Wilhelms Sorge für die Vergrößerung
und Ausbildung des preußischen Heeres.
Beziehung zur Gegenwart: Heute ist kein Stand mehr dienstfrei. Die
Wehrpflicht beginnt mit dem 17. und dauert bis zum vollendeten
45. Lebensjahre. Sie gliedert sich in Dienstpflicht und in Landsturm¬
pflicht. Die Dienstpflicht dauert vom vollendeten 20. bis zum 39.
Lebensjahre. Zur Dienstpflicht im Landheere werden gerechnet: ber Dienst
im stehenden Heere (= 7 Jahre, nämlich 2 Jahre Soldat und 5 Jahre Re¬
servist) und der Dienst in der Landwehr. — Zum Landsturm gehören
alle Wehrpflichtigen vom 17. bis 45. Lebensjahre. — Das Heer Friedrich
Wilhelms I. zählte über 80 000 Mann. Unser beutsches Lanbheer zählt im
Frieben über 515 000 Mannschaften: im Kriege wirb es durch die Mannschaften
der Reserve und der Landwehr auf 41/2 Millionen erhöht. — Der Gleichschritt
ist zur bleibenden Einrichtung geworden.
Die Aushebung der Rekruten. (Siehe Seite 166.)
Einteilung (zur Übersicht):
Unser Landheer bestebt aus 1 Garbekorps unb 22 Armeekorps, bie 5
Armeeinspektionen unterstellt sinb. Die 22 Armeekorps sinb auf bie einzelnen
Lanbesteile folgenbermaßen verteilt:
7. „ Westfalen, Schaumburg- 17. Korps: Westpreußen,
Lippe u. Lippe-Detmolb, 18. „ Hessen-Nassau, Westfalen,
1. Korps: Ostpreußen,
2. „ Pommern,
3. „ Branbenburg,
4. „ Sachsen (Prov.),
5. „ Posen,
6. „ Schlesien,
11. Korps: Thüringen, Hessen, Wal¬
beck,
12. „ Sachsen (Kgr.),
13. „ Württemberg,
14. „ Baben, Oberelsaß,
15. u. 16. Korps: Elsaß-Lothringen,
8. „ Rheinprovinz unb Hohen-
zollern,
9. „ Schleswig-Holstein, Meck-
lenburg-Schwerin, M.-
Strelitz, freie Reichsstäbte,
10. „ Hannover, Braunschweig,
Olbenburg,
Großherzogtum Hessen,
19. „ Sachsen (Kgr.),
1. bayrische Armeekorps,