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und schweren Geschütze und zerwühlten die russischen Stellungen. Doch
die Russen wehrten sich trotz dieses Eisenhagels aus Leibeskräften. Furcht¬
bar waren ihre Verluste. Es gab keinen Geviertmeter Landes, der nicht
von deutschen Granaten aufgewühlt gewesen war. Wie Papierfetzen
flogen die russischen Deckungen in die Luft, Tote und Lebende unter sich
begrabend. So wurden die feindlichen Linien sturmreif gemacht. Aber
die Russen wehrten sich noch tapfer und ließen es selbst in ihren zer¬
schossenen Schützengräben zum Handgemenge kommen. In der Nacht
zum 7. August wurde ein dichter, sumpfiger Wald und am nächsten
Tage ein fester Stützpunkt (Kletzkow) genommen. Nun konnten unsre
Scharen sich dicht an die Festungswerke heranarbeiten. Es fielen die
ersten Zwischen- und Vorwerke in unsre Hände. Das stärkste Festungs¬
werk Lomschas ward tüchtig von unsrer schweren Artillerie beschossen und
dann erstürmt. Nun zündeten die Russen die umliegenden Orte an.
Gegen 30 davon beleuchteten mit ihrem Feuerschein das Schlachtfeld.
Ihre mächtigen Flammensäulen kündeten weithin den neuen deutschen
Sieg. Gleichzeitig donnerten unsre Geschütze auf den nächsten Stütz¬
punkt der Russen. Jetzt war die Festung unhaltbar, und die Deutschen
nahmen sie am 10. August mit stürmender Hand. Die ausgehende
Sonne begrüßte die deutschen Farben auf den Bollwerken Lomschas.
Sofort schritten die Deutschen auf der Straße nach Ostrow weiter vor.
So war wieder eine Narewfeste gefallen, wenige Tage nach Warschau.
Der Weg nach Polen hinein öffnete sich immer mehr.
Die Festung Ossowiez am Bobr hielt sich noch zwei Tage länger
als Lomscha. Von dieser Bobrfeste aus stießen gleich bei Kriegsbeginn
die Russen über Grajewo auf Lyck zu vor. Ossowiez war wie Lomscha
ein Ausfalltor für die angreifenden und ein Zufluchtsort für die ge¬
schlagenen russischen Heeresteile. Nach dem Siege bei Lyck wurden starke
russische Kräfte nach Mitte September 1914 von Grajewo auf die Festung
Ossowiez zurückgeworfen. Hier fanden die geschlagenen Russen Schutz
und Zeit, sich neu zu sammeln. Die Festung zählt zwar nur vier Außen¬
forts und drei Zwischenwerke, aber sie sind durch die Sümpfe des Bobrs
von Natur geschützt. Nur auf der einen Heerstraße konnte sich unser
Heer der Festung nähern, denn die sich anschließenden Sümpfe sind
ungangbar. Diese eine Straße aber ward von mehreren Festungs¬
werken aus mit starkem Geschützfeuer überschüttet. Deshalb konnten
wir diese äußeren Werke nur aus der Ferne beschießen, aber das
geschah mit solchem Erfolg, daß diese zumeist zertrümmert wurden.
Seitdem haben natürlich die Russen sie wieder ausgebessert. Uns lag
im August 1915 nichts an einer schnellen, aber verlustreichen Erstürmung
von Ossowiez; denn wir hatten ja bei Pultusk und Roschan den Narew-
übergang bereits erzwungen. Nunmehr konnten wir Ossowiez auch im
Rücken, von Süden her, bedrohen. Daher zogen die Russen ihre Truppen
und Geschütze zurück, und wir besetzten fast kampflos die Festung am