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den Edelgütern der Fall ist. Jetzt gingen aber mehrere Hofe tn 
den Besitz eines Einzelnen über, und der Eigentümer war nicht 
mehr überall Bewirtschafter, ja noch nicht einmal Verwalter, 
sondern nur Nutznießer derselben. Dadurch entstand eine sociale 
Ungleichheit, die in der Folge zur Schädigung der Volkswohlfahrt 
führte. — Alle Würdenträger, als höchster also auch der Kaiser, 
mußten Grund- oder Lehensherren oder auch beides zugleich sein, 
damit sie Einkünfte zur Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse hatten. 
Je großem Aufwand der Würdenträger seiner gesellschaftlichen 
Stellung wegen zu machen hatte oder machen wollte, desto größer 
mußte auch die Zahl der Hofe sein, die er besaß. Von der Zeit 
ab, wo bei den Höhergestellten Gemächlichkeit und Genußsucht 
Eingang fanden, mußte auch die Zahl ihrer Höfe, einerlei ob 
Eigentum ober Lehen, wachsen, bantit biefe Bebürfnisse befriebigt 
werben konnten; benn bei bem Mangel ein barern Gelbe und 
einer geregelten Besteuerung war kein anderer Weg als bieser 
möglich.] 
Krrllirrgeschrchllichc Kedeirturig des Keherrswesens. 
Das Lehenswesen ist für den innern Ausbau unseres Laubes 
unb für bie Entwickelung bes beutschen Bauernstandes von ber 
größten Bebeutung. Siebelten bie Grunbherren anfangs nur 
Hörige einzeln ober truppweise in ber Attemanbe an, so würben 
sie später immer mehr geneigt, auch Freien Teile ihres Gebietes 
baselbst zu überlassen, wenn biese sich verpflichteten, bas über¬ 
gebene, ober besser gesagt geliehene Gebiet urbar zu machen. 
Von ber Zeit ab, ba bieg geschah, treten sich Lehensherr unb 
Lehensmann als Gleichberechtigte, bie sich gegenseitig Bedingungen 
stellen, gegenüber. Dies führt bazu, bie Bebingungen in einem 
Lehensbriefe festzustellen. War ber Hörige ganz unb gar von ber 
Willkür bes Herrn abhängig gewesen, so stützte sich ber Freie auf 
sein Recht unb suchte bie Lehensbebingnngen so günstig wie möglich 
für sich zu gestalten. Wer ein Stück Walb zur Urbarmachung 
als Lehen übernahm, ber vergewisserte sich vor allen Dingen, baß 
bie Früchte seines Fleißes ihm unb seinen Erben zu gute kämen. 
Dasselbe that auch ber, der bebeutenbe Verbesserungen an bem 
geliehenen Gute vorzunehmen gebachte. So entstauben bie „Leihen 
zu Walbrecht", „Leihen zu Mergelrechte u. s. w., bie sich von ge¬ 
wöhnlichen Leihen baburch unterschieben, baß bem Lehensmanne 
bas Lehen im Lehensbriefe auf eine längere Reihe von Jahren 
zugesichert würbe. Auf biese Weise bahnte sich allmählich bie 
Erblichkeit ber Lanbleihen an. Neben ben weltlichen Herren traten 
mit ber Zeit auch bie Klöster als Lanbverleiher auf. Hatten bie 
Klosterleute in früherer Zeit in ber Regel selbst ihre Güter be-
	        
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