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Staatsgebiete vor uns haben. Wo aber trotzdem alte Stammes¬
eigentümlichkeiten in Staat oder Provinz gemischt erscheinen, da
ist durch jahrelange Einheitlichkeit in der Verwaltung, in Gesetzen
und Verordnungen eine Gemeinsamkeit der Interessen entstanden,
die eine neue Art der Stammesbildung zu begründen scheint. Die^?
größeren deutschen Bundesstaaten und die preußischen Provinzen ^
haben demnach die Erbschaft der alten deutschen Stämme an¬
getreten, und in dieser Auffassung sprechen wir von der Geschichte
der einzelnen Bundesstaaten und Provinzen als von „Stammes¬
geschichte".
Heimat- und Stammesgeschichte erscheinen also, im Quer¬
schnitt betrachtet, wie zwei ineinander liegende Ringe eines Baumes,
um welche sich die Reichsgeschichte als dritter herumlegt; den Kern
bildet die Heimat, den begrenzenden sesten Rahmen das Reich, die
verbindenden Fäden zwischen beiden, wo sie erforderlich sind, liefert
das Stammland. So erscheinen die drei schon äußerlich im engsten
Zusammenhange, von demselben Fleisch und Blut, eine auf die
andere angewiesen, eine von der andern unterstützt und gefördert.
Erziehlicher und unterrichtlicher Wert
der Heimat- und Stammesgeschichte.
„Alles, was groß und mächtig soll werden,
Muß wurzeln in Heimat und Vaterland."
Jetzt entsteht die Frage: Kann die Forderung: „Die Heimat-
und Stammesgeschichte muß im Geschichtsunterrichte eine Stelle
finden", so bestechend sie aus den ersten Blick auch erscheinen mag.
auf inneren, d. h. einmal in der Sache selbst, und zum andern in
den Zwecken der Schule, speciell des Geschichtsunterrichts, begründete
Berechtigung Anspruch erheben? Oder bedeutet die Forderung
nicht etwa eine neue Belastung des Lehrplans, die in unserer Zeit,
wo so manche Forderungen an die Pforte der Schule klopfen,
besser zu vermeiden wäre?
Die inneren Gründe ergeben sich zunächst aus der Auffassung des
Begriffs Heimatgeschichte, wie er im vorigen Abschnitt dargelegt
ist. Ist die Heimatgeschichte von gleichem Fleisch und Blut wie
die Vaterlandsgeschichte, so ist sie auch geeignet, denselben Zwecken
zu dienen, kann also auf dieselbe Wertschätzung Anspruch erheben
wie jene; sie würde also schon von dieser rein sachlichen Schlu߬
folgerung aus Beachtung verdienen. Stellen wir uns aber auf
den Standpunkt des Geschichtsunterrichts, indem wir die Heimat¬
geschichte mit den Zwecken und der Methode dieses Unterrichts¬
faches in Verbindung bringen, so ergiebt sich nicht nur das