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A. Deutsche Geschichte.
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der Gegend als heiliger Baum, den niemand ungestraft verletzen durfte. Mutig
ergriff Bonifatius die Axt, um den Baum zu fällen. Entsetzt standen die
Heiden dabei, gewiß, daß ihn der Donnergott töten werde. Aber der Baum fiel,
Bonifatius blieb unverletzt, die Heiden erkannten die Ohnmacht ihrer Götter
und ließen sich taufen. Aus dem Holz der Eiche erbaute Bonifatius eine Kapelle.
4. Bonifatius als Erzbischof. Bald gelang es Bonifatius, in ganz Hessen
und Thüringen das Christentum auszubreiten. Allmählich dehnte er seine
Wirksamkeit bis in den Süden von Bayern aus. Der Papst ernannte ihn zum
Erzbischof [obersten Bischof) >"f>er alle bekehrten Länder; Mainz wies er ihm
als Wohnsitz an. Überall, wo er hinkam, ließ er Kirchen bauen und setzte Priester
ein. Für große Kirchen ernannte er Bischöfe und übertrug ihnen die Aufsicht
über die umliegenden Gebiete. Auf diese Weise entstanden die Bistümer
Salzburg, Regensburg, Passau u. a. Alle Bischöfe und Priester mußten geloben,
den Papst als ihr Oberhaupt anzuerkennen. So brachte Bonifatius die Ord¬
nung der römischen Kirche nach Deutschland. Die Kirchen in den Bischofsitzen
wurden bald prächtig gebaut und Dome genannt. Neben jedem Dom erhob
sich eine bischöfliche Pfalz, und um dieselbe siedelten sich Handwerker und andere
Bewohner an. Bald entstand um jeden Bischofsitz eine Stadt.
5. Sein Märtyrerlod. In hohem Alter brach Bonifatius mit vielen Be¬
gleitern auf, um bei den Friesen neue Bekehrungsversuche zu machen. Er
fuhr mit einem Schiff den Rhein hinab und verkündete das Christentum überall,
wohin ihn sein Weg führte. Eines Morgens bereitete er sich darauf vor, neu¬
bekehrte Friesen zu taufen. Da drang ein wilder Haufe heidnischer Friesen
auf ihn ein und bedrohte ihn mit dem Tode. Seine Gefährten wollten zu
den Waffen greifen; er aber verbot es ihnen. Mit dem Evangelienbuch in
der erhobenen Hand trat er den Heiden entgegen und empfing gefaßt den
Todesstreich. Seine Leiche wurde erst nach Mainz, dann nach Fulda gebracht
und dort feierlich beigesetzt.
V. Klosterwesen.
1. Einrichtung der Klöster. Schon in alter Zeit zogen sich gottesfürchtige
Männer in die Einsamkeit zurück, um fern von dem Getriebe der Welt Gott
dienen zu können. Im 4. Jahrhundert traten diese Einsiedler zu Vereinigungen
zusammen und wohnten gemeinsam in Klöstern. Die ganze Ansiedlung war
von einer hohen Mauer und einem tiefen Graben umgeben. Mitten in dem
umfriedigten Raume lag der innere Klosterhof. Er wurde auf einer Seite
von der Kirche, auf den drei andern Seiten von der „Klausur" eingefaßt, welche
die Wohn- und Schlafräume für die Mönche, Küche und Keller, Schreibstube
und Bücherei enthielt. An der Innenseite der Klausur zog sich ein Wandel¬
gang hin, der durch kräftige Säulen gestützt und mit Wandgemälden geschmückt
war. Neben der Klausur befand sich die Herberge für Gäste und Kranke und die
Klosterschule, in der Söhne vornehmer Laien in Religion, Latein und in der
Lehre von den Gestirnen unterrichtet wurden. In einiger Entfernung von