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C i n l e L Lu n g. 11
jch mir nicht selbst den Vorwurf eines seichten und ober¬
flächlichen Erzählers zu Schulden kommest lassen will.
Dabey soll es mich unendlich freuen, wenn ihr mich
(wie ihr dies sonst bey meinen Unterhaltungen zu thun
pflegtet) mit Fragen unterbrecht, wo euch die mindeste
Dunkelheit begegnet —; denn bleibt die kleinste ohne
Licht, so dürfte auch der gehoffte Nutzen für uns alle
nur klein seyn.
Es ist sehr schwer, meine Freunde! begann nun
der Herr Pastor seine Erzählung, cm vollständiges
Gemählde von einer Nation Zu liefern, deren Geschichte
sich bis in das späteste Alterthum der Vorzeit verliehet,
wo es leider noch keinen Geschichtschreiber gab, der uns
die vorzüglichsten Thaten derselben aufgezeichnet hatte.
Dieser Mangel findet besonders bey der teutschen Nation
statt ; ihr giengcn nicht nur alle Künste, sondern auch
Bildung und Wissenschaften ab. Alles was wir daher
von ihnen wissen, bestehet von diesem Zeitpunkt an blos
in einigen Sagen und Volksliedern, die die Dichter der
damahligen Zeit hinterließen und welche von andern ge-
Lildetern Nationen auf uns übergetragen wurden —-
doch sind auch diese so unvollkommen und einseitig, daß
man daraus fast nichts weiter abnehmen kann, als die
Gewißheit, daß cs wirklich ein solches Volk gab. Die
Römer allein waren es, die uns etwas Bestimmtes von
den Teutschen aufgezeichnet haben — hatten uns auch
diese verlassen, so würden wir in Rücksicht des Entste¬
hens der teutschen Nation vollends ganz im Dunkeln
tappett.