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Germanen.
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unfrei waren die Hörigen ober Leibeigenen, welche wie eine Sache zumAllod
gehörten. Freiheit unb ber Grundbesitz waren bie Bedingungen zur Theilnahme am
Staate und am Heeresdienst Der Hausvater, welchem bas Allob gehörte, war der
gesetzliche Vormuub seiner ganzen Familie, welche auch Sippe ober Sippschaft
(Magenschaft) hieß; sie schied sich in Schwertmagen oder männliche Verwandte,
und in Spillmage,»*) oder weibliche Verwandte Auf seinem Grund und Boden
war der Hausvater unumschränkter Herr. Aus den Familien entwickelte sich die
Verbindung zu einer Gemeinde. Die Gesammtheit des Volkes hat über Wohl
nnd Wehe desselben zu entscheiden. Zu gewissen Zeiten, bei Neu- oder Vollmond,
traten die freien Männer des Stammes zur Gaugemeinde zusammen. Mit ihren
Massen erschienen sie, aber die Priester verkündeten heiligen Frieden, dessen Verletzung
streng geahndet wurde. Loose wurden geworfen, um zu erforschen, ob die Berathung
den Göttern wohlgefällig sei. Dann wurden die Fürsten nach ihrem Ansehen gehört;
ihr Rath ward durch mißfälliges Geschrei zurückgewiesen ober burch bas Zusammen-
schlageu ber Speere beifällig begrüßt. In biesen Versammlungen würbe über Krieg
und Frieden entschieden, hier wurden die Fürsten gewählt, welche die Richter
und Heerführer der Untergaue ober Hundertschaften waren, Anklagen gegen
Freie vorgebracht unb bie heranwachsenden Jünglinge burch feierliche Verleihung vou
Schilb und Speer in die Gemeinschaft ber Stammesgenossen ausgenommen. So
lange aber der Jüngling keinen eigenen Besitz hatte, durfte er nicht an den Ent¬
scheidungen der Gemeinde Theil nehmen. Auch die Hundertschaften und die kleineren
Bezirke der Markgenossenschaften versammelten sich zu bestimmten Zeiten an
ihren Malstätten.
Bei manchen germanischen Völkerschaften .gab es einen Abel, einzelne Geschlechter
welche eine höhere Achtung genossen, ohne größere politische Macht zu besitzen. Im
Frieden gab es keine gemeinsame Cbiigfeit. Im Kriege ward als Oberfeldherr
ein Herzog, nach der Würdigkeit aus den Tapfersten gewählt, auf ben Schilb er¬
hoben. Das Königthum trat bei ben oerschiebenen Stämmen zu verschobenen
Zeiten auf, es erscheint, wo es sich barurn hanbelt, bie Kräfte bes Volkes zu grö¬
ßerer Einheit zusammenzufassen. Der König war Heerführer, Leiter ber Volksver¬
sammlung, oberster Priester, Vorsitzer ber höchsten Gerichte; er ernannte bie Richter
unb Vorsteher ber einzelnen Bezirke. Aus ben Wahlfürsten würben bann königliche
Beamte, bie später allgemein ben Namen Grafen führen. Die Könige würben ans
einem herooriagenben Geschlechte gewählt, bei welchem bann bie Herrschaft erblich
verblieb. So wenig als bie Herzoge, besaßen bie Könige eine unumschränkte Gewalt.
Würbe ein Krieg beschlossen, so ließ ber erwählte Herzog bas Aufgebot zum Heer¬
bann ergehen. Von Hof zu Hof oerfünbigte es ber ,,Hcerpfeil". Die Kriegsleute
scharten sich zusammen, holten bie Fettreichen aus ben heiligen Hainen, unb Frauen
unb Kinber folgten auf Wagen in ben Krieg. Im Kampfe stanben bie Bewohner
eines Gaues bei einanber. Der Angriff begann mit gewaltigem Kriegsgeschrei, ber
Kampf geschah Mann gegen Mann, ba bie Kriegskunst in ihrer Vollenbnng unb
Feinheit ihnen fremb war. Die Frauen blieben währenb bes Kampfes in ber Wa¬
genburg, schützten die Kinder unb Greise, pflegten bie Verwundeten unb hieben oft
die Flüchtigen ober selbst nahenbe Feinbe nieder. Ward bie Schlacht verloren, so
tödteteii sie ihre Kinder und sich selbst, um der verhaßten Knechtschaft zu entgehen.
*) Von Spille oder Spindel.