Full text: Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte

181 
Mit den Slaven und Griechen knüpfte er Handelsverbindungen an; er errichtete 
neue Märkte und suchte, was die Römer in Gewerben und Küusteu geleistet hatten, 
seinen Unterthanen eigen zu machen. Die Geschichtschreiber berichten, daß die im 
Franken gestickte Gewänder, Fahnen, zierliches Hausgeräthe, prächtige Wafsen, fT°n^sthetT 
goldene lind silberne Gefäße mit bildlichen Darstellungen, Glasfenster und musi¬ 
kalische Instrumente zu fertigen verstanden. Karl soll einen goldenen und drei 
silberne Tische gehabt haben; auf den letzteren war Alt- und Neu-Rom (Eon- 
stantinopel) und der Erdkreis dargestellt. In St. Gallen goß zu Karls Zeit der 
Mönch Tancho die erste Glocke. 
Karl gebot in dem ganzen Frankenreich mit unumschränkter Gewalt, wenn sta®£,e 
auch seine Regierung keine despotische war. Jede noch bestehende selbständige Verfassung. 
Gewalt wurde unterdrückt, die Herzogswürde abgeschafft. Er allein ernannte die 
Grafen, die in seinem Namen in ihren Grafschaften den Heer- und Gerichts¬ 
bann übten; sie waren Staatsbeamten, die er einsetzte und entließ, wenn es das 
Wohl des Ganzen forderte. Er bestimmte die Send-Grafen, die alljährlich 
paarweise die einzelnen Landschaften des Reiches durchzogen, die Beamten beauf¬ 
sichtigten, Beschwerden gegen sie entgegennahmen, die Rechte des Königs wahr¬ 
nahmen und die Theile des Reiches in steter Verbindung mit ihm hielten. Den 
Markgrafen, denen die Vertheidigung der Grenzen gegen äußere Feinde oblag, 
waren größere Rechte und mehr Macht eingeräumt, weil es daselbst schwieriger 
war, Gehorsam zu erhalten. Der Kaiser war der höchste Richter, er verfügte 
über alle Streitkräfte des Reichs, er bot den Heerbann auf, entschied über Krieg und 
Frieden, führte das Heer in Person an oder ernannte die Oberbefehlshaber. Die 
ganze Staatsgesetzgebung lag in seinen Händen, doch bediente er sich dazu des 
Beiralhes der Reichsversammlung und des Staatsrathes. Die Reichsversamm¬ 
lung bestand aus allen weltlichen und geistlichen Großen, den hohen Hofbeamten, 
den Bischöfen, Äbten, Grafen und dem königlichen Dienstgefolge. Sie versammelte 
sich in jedem Frühjahr meist in Verbindung mit der großen Heerschau des Mai-®“® Maiseld. 
selbes. Der Staatsrath setzte sich nur aus den hohen Hofbeamten und den 
Großen des Reichs zusammen. 
Die Großen des Reiches, die ursprünglich die Dienstleute des Königs ge¬ 
wesen waren, hatten ihren Besitz mehr und mehr ausgebreitet und nicht nur 
große Massen von Knechten, sondern auch eine beträchtliche Menge freier Hinter¬ 
sassen gewonnen. Sie sammelten eigene Gefolge von freien Leuten, was im 
Frankenreiche den Königen allein vorbehalten war, und machten sich so aus 
Dieustleuteu zu Gesolgsherru. Bei der drückenden Herrschaft, welche der Adel 
schon über die niederen Leute übte, verpflichteten sich viele Freie zu Kriegs- und 
Ehrendiensten gegen einen mächtigen Grundherrn, wenn dieser ihnen Schutz und 
Unterhalt versprach und erhielten den Namen Vasallen, mit welchen man 
früher die bewaffneten Knechte bezeichnet hatte. Diese Gesolgsherrn traten unter 
Pipin als Vasallen in den Dienst des Königs, der sie durch Verleihung neuer 
Güter, die sie aber nur lehensmeise besaßen, für sich gewann. Der Heerbann 
verlor von seiner Bedeutung; aus den Vasallen bestand das eigentliche Heer, 
das wohlgeübt und immer schlagfertig war. Auch die Bischöfe und Aebte waren 
Vasallen des Königs geworden. Durch die Begünstigung des Lehnswesens ver¬ 
ringerte sich der Stand der Gemeinfreien immer mehr.. In den folgenden Zeiten 
geschah dies noch mehr. Der Freie konnte sich oft vor der Gefahr nicht anders 
schützen, als daß er sein freies Grundstück einem mächtigen Mann übertrug und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.