227
kam das Land wieder unter das ,'Reich, und Landgrafen verwalteten die Ho-
heitsrechte desselben. Kaiser Friedrich II. löste die Waldstädte Uri, Schwyz
und Unterwalden, welche zu Zürich und zum Aargau gehörten, von der
Landgrafschaft und erhob sie, da sie sich durch treue Dienste den Kaiser verpflichtet
hatten, zu unmittelbaren Reichsländern.
Zur Zeit des Interregnums hatten Uri, Schwyz und Unterwalden jgjjgj
Rudolf von Habsburg zu ihrem Schirmvogt erwählt; dieser be- in B-zug
stätigte ihnen als deutscher Kaiser die erlangten Freiheiten und Rechte.
Adolf von Nassau hatte dasselbe gethan. Als 1288 Albrecht I. die
Kaiserkrone errang, schickten die Waldstädte Boten an ihn, auf daß ihre
Freiheit abermals bestätigt werde. Allein Albrecht erklärte, er gedenke
ihnen nächstens eine Veränderung ihres Zustandes antragen zu lassen.
Darüber erschracken die Waldstädte gar sehr; denn Albrechts Herrschsucht
und Ländergier war ihnen wohl besannt.
Kurz hierauf ließ Albrecht den freien Leuten der Waldstätte an¬
tragen, sie sollten den Schirm des Reichs gegen den ewigen Schutz
Oesterreichs vertauschen. Aus Besorgnis vor der wachsenden Macht
des Hauses Habsburg entgegneten die Waldstädte, sie wünschten beim
Reiche zu verbleiben und bäten mit Bestätigung ihrer Rechte und um
Reichsvögte, welche von jeher die Blutgerichtsbarkeit geübt hatten,
und so oft ihre Thätigkeit und Anwesenheit nöthig war, ins Land herein¬
kamen. Albrecht war sehr zornig über diese abschlägige Antwort und
bestellte sofort zwei Landvögte, den Hermann Geßler von B r u n e ck D!-G-walt-
sür Uri und Schwyz und Beringer von Landenberg für Unter- ^ätibfreiten
Waiden, welche wider das Herkommen ihren ständigen Sitz im Lande sanimsgtc
nahmen unb arge Bedrückung übten. So ließ Landenberg dem Heinrich
von Melchthal bie Ochsen vom Pfluge wegnehmen und den Mann
selbst blenden; Wolfenschieß, der Untervogt Landenbergs auf Ro߬
berg, ward wegen frechen Muthwillens von Konrad Baumgarten
mit der Axt erschlagen; Geßler tadelte den Werner Stauffacher,
weil er ein schönes Haus besaß, und drohte, er werde es nicht leiden,
daß die Bauern ohne seine Bewilligung Häuser bauten.
Die Drohung Geßlers erregte in Stauffachers Brust gar trübe
Besorgnis, und oft hing er seitdem trüben Gedanken nach. Seine ehr¬
same Frau, Margaretha Herlobig,*) gab sich Mühe, seinen Kum¬
mer zu erforschen, und überredete ihren Mann, hinüber nach Uri zu
fahren und mit Walther Fürst zu berathen, wie das Wohl des Landes
vor der Tyrannei der Vögte zu wahren sei.
Walther Fürst, Werner Stausfacher und Arnold von Melchthal
traten zusammen und verabredeten, Freunde und Verwandte in bet-b^SKuf
Heimath zu erforschen und mit Gleichgesinnten in der Mitternachtsstundebcm 9tütti-
am Mittwoch vor Martini (1307) am Vierwaldstädter See auf einer
Bergwiese, das Rütli**) genannt, zu weiterer Berathung zu erscheinen.
Der Erste, der zu ihnen schwur, war Baumgarten von Alzellen.
*) Schiller nennt sie Gertrud Jberg.
**) Rütli oder Grütli ist eine Stelle, wo der Wald ausgereutet ward.
15*