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Widersprüche mit den Lehren de? Königs befunden wurden. Heinrichs Charakter er¬
kennt man am besten aus seinem häuslichen Leben; er war 6 Mal verheirathet.
Von Katharina von Aragonien ließ er sich scheiden; Anna Boleyn ward auf seinen
Befehl hingerichtet; Johanna Seymour starb eines natürlichen Todes; Anna von
Cleve ward verstoßen; Katharina Howard fiel durch Henkershand, und nur Katharina
Parr hielt sich durch ihre Klugheit und überlebte ihren Gemahl.
Eduard YI., der Sohn von Johanna Seymour, bestieg im 9. Lebensjahre den Eduard YI
Thron (1547—1553). Die Regentschaft war der Reformation geneigt und darum ^ ffir'
beseitigte der Erzbischof Cranmer die Messe, das Cölibat und die lateinische Sprache
beim Gottesdienst, und das Parlament bestätigte ein neues Glaubensbekenntnis in
42 Artikeln. Auf seinem Sterbebette willigte Eduard YI. in den Vorschlag seines
Vormundes, des Herzogs von Northumberland, das Testament Heinrichs YIII. da«
hin abzuändern, daß statt Eduards katholischer Schwester Maria, einer Tochter
Katharinas von Aragonien, die mit seinem jüngsten Sohne Guilford Dudley ver¬
mählte Johanna Gray, eine Urenkelin Heinrichs VII., die Krone erhalten solle.
Mit Thränen willigte die edle Frau in diese Erhebung. Das Volk aber, welches
die gesetzmäßige Erbfolge nicht abändern wollte, rief Maria zur Königin aus. tÄ^“n
Johanna Gray und ihr Gemahl starben durch die Hand des Henkers. Maria ward sw«
die Gemahlin Philipps II. von Spanien (1554); sie versuchte die Reformation in firdjndf*
England wieder auszurotten und begann eine blutige Verfolgung der Ketzer. Die Ordnung.
Qualen der Inquisition kamen auch über England, Tausende, unter ihnen der greise
Erzbischof Cranmer, fielen ihr als Opfer. Von ihrem^Gemahle verlassen und vom
Volke gehaßt, starb Maria 1558, nachdem sie noch den Verlust der Stadt Calais
hatte erleben müssen. Ihr folgte ihre Schwester Elisabeth, Anna Voleyns Tochter Elisabeth
(1558—1603), die größte Frau, welche je eine Krone getragen. In ihrer frende«
losen, an Entbehrungen reichen Jugend hatte sie ihre geistigen Fähigkeiten und ihren
Charakter wohl ausgebildet. Während England Elisabeth mit Jubel empfing, be¬
legte sie der Papst mit dem Banne und schenkte England Philipp von Spanien-
Elisabeth berief das Parlament und erklärte sich für das Oberhaupt der englischen
Kirche. In der Durchführung der Reformation behielt sie von der katholischen Kirche
viele äußere Gebräuche, die bischöfliche Verfassung und Rangordnung der Geistlich¬
keit, den Satz von der apostolischen Bischofsfolge uud von dem mit der Bischofs¬
würde verbundenen Ordinationsrecht bei, das Glaubensbekenntnis aber, welches die
von Matthäus Parker geleitete Commission in 39 Artikeln feststellte (sie stimmten
mit den 41 Artikeln Cranmers überein) schloß sich theils der reformirten, theils der
lutherischen Kirche an. Auch ein allgemeines Gebetbuch ward eingeführt.
Der größte Theil des Volkes war mit dieser kirchlichen Einrichtung zufrieden; ein
kleinerer Theil, die Calvinisten, wollten von den an den katholischen Gottesdienst er¬
innernden Gebräuchen und der Bischofsmacht in der Kirche nichts wissen, sie wollten
die Führung des Kirchenregiments durch Presbyterien. Man nannte sie Pres¬
byterianer, während die englische wegen Beibehaltung der Bischöfe die bischöf¬
liche oder Episkopalkirche, auch anglikanische oder Hochkirche genannt
wurde.
Neben England bestand damals Schottland als ein selbständiges Königreich Elisabeth
unter Maria Stuart, welche nach dem Tode ihres Gemahles, Franz II. von u®,u«t
Frankreich (1560), ungern nach Schottland kam. In Schottland hatte die Lehre
Calvins durch den in Genf gebildeten John Knox tiefe Wurzeln gefaßt. Maria,
welche der neuen Lehre als eifrige Katholikin abgeneigt war, und sie gern unter,
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