Full text: Schumann-Heinzes Leitfaden der preußischen Geschichte

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Viehzucht; aber auch der Ackerbau wurde mit ziemlichem Geschick betrieben. 
Ihre Sitten waren einfach; gerühmt wird ihre Gastfreundschaft auch Fremden 
gegenüber. — Ihre Religion war ein einfacher Naturdienst. Sie verehrten 
viele Götter, unter ihnen furche, den Gott der Ernte. Tempel errichteten sie 
nicht, als Stätten der Gottesverehrung dienten zahlreiche heilige Wälder. Ein 
Hauptheiligtum war im Walde zu Romowe. Hier wohnte der Oberpriester, 
der Griwe, der bei allen umwohnenden Stämmen in großem Ansehen stand. 
Das Volk der Preußen bildete keinen einheitlichen Staat. Es teilte 
sich nach den Gauen in mehrere Stämm^l Für den Krieg wählte jeder Gau 
einen Anführer. Solcher Gaue waren Pornesanien, Pogesanien, Errnland, 
Natangen, Barten, Sarnland, Galinden. Im Süden von Preußen lag das 
polnische Herzogtum Masowien; den Polen gehörte auch das Kulmerland 
zwischen Drewenz, Weichsel und Ossa. Die Landschaften im Westen der 
Weichsel bis zur Leba bildeten das slavische Herzogtum Ostpommern oder 
Pommerellen. . 
Die Preußen verblieben lange int Heidentum. Den ersten Verlud), sie 
zu bekehren, machte der Bischof Adalbert von Prag, ber Freund Kaiser 
Ottos III. Von Polen aus kam er 997 bie Weichsel abwärts nach Danzig, 
fuhr auf einem polnischen Schiffe über das Frische Haff und landete im Sam- 
lanbe. Da er unwissentlich einen heiligen Hain betreten hatte, würbe er von 
ben Heiben erschlagen. Kurze Zeit baraus wurde ein zweiter Missionar, 
Bruno vonQuerfurt, von ben Preußen ermorbet. Der Tob bieser Männer 
schreckte anbere von ähnlichen Versuchen zurück, unb erst am Anfange bes 13. 
Iahrhunberts wagte es ein polnischer Mönch, Christian, von neuem, ben 
Preußen bas Christentum zu prebigen. Er wirkte im Süben bes Lanbes mit 
solchem Erfolge, baß ihn ber Papst zum Bischof von Preußen ernannte. Aber 
seine Verbinbung mit ben Polen, mit betten die Preußen von alters her in 
Feindschaft lebten, erregte den Verdacht der Heiden, und sie verjagten die 
christlichen Priester. Verheerend fielen sie in bas Lanb bes Herzogs Konrad 
von Masowien ein, ber sich ihrer trieberholten Angriffe kaum erwehren 
konnte. Er stiftete zum Kampfe gegen bie Preußen ben Ritterorden von 
Dobrin, aber dieser entsprach nicht den aus ihn gesetzten Hoffnungen. Nun 
wandte sich 1226 der Herzog Konrad auf den Rat Christians an den 
deutschen JMIerorden um Hülfe unb bot ihm das Kutmerlanb zum 
Geschenk an. 
Im Jahre 1190 war ein deutscher Hospitalorben im britten Kreuzzuge 
gelegentlich ber Belagerung von Aecon zur Pflege ber deutschen Kranken und 
Verwundeten gestiftet worden. Später übernahmen die Ordensmitglieder auch 
bie Verpflichtung bes Kampfes gegen bie Heiben unb hießen seitdem Ritter 
vom Orden des Hauses Unserer lieben Frauen der Deutschen zu Jerusalem 
oder kurz der Deutsche Ritterorden. Seine Mitglieder gliederten sich in 
drei Klassen: Ritter, Priester, dienende Brüder. Sie waren als Mönche zu 
ben Gelübden ber Keuschheit, ber Armut unb des Gehorsams gegen bie Vor¬ 
gesetzten verpflichtet. An ber Spitze bes Orbens stanb ber Meister, später 
Hochmeister genannt. Er würbe burch bas Ordenskapitel, die Ver¬ 
sammlung sämtlicher Würbeuträger ober Gebietiger bes Orbens, auf Lebens¬ 
zeit gewählt. Ihm zunächst stattbett bie fünf sogenannten obersten Gebietiger 
bes Orbens (Großkomtur, ber oberste Marschall, ber oberste Spittler, der 
oberste Trappier, ber Treßler), bazu kamen später bie Lanbmeister von 
Preußen, von Deutschland it. s. w. Kleineren Gebieten standen Komture, 
Vogte und Pfleger vor. Die Kleidung der Ordensritter war ein weißer 
Mäntel mit schwarzem Kreuze. Die Lebensweise der Ritter war einfach, ja 
rauh, ihre Zeit zwischen Waffenübungen, Krankenpflege und Werken der An¬ 
dacht geteilt. 
Zur Zeit Konrabs von Masowien war Hermann von Salza, ber 
Freunb unb Vertraute bes Kaisers Frtebrich II., ber Hochmeister des Ordens. 
Er weilte damals in Venedig, um in der Nähe seines kaiserlichen Freundes 
zu sein und nahm das Anerbieten Konrads von Masowien an. Kaiser unb 
Papst schenkten dem Orden zum Kulmerland noch das Land der heidnischen 
Preußen, soweit er es erobern würde, und schon 1230 kam der Landmeister
	        
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