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Als er in die erleuchtete und weihrauchduftende Kirche eintrat, fragte er den
Bischof treuherzig: „Mein Vater, ist dies das versprochene Reich?" „Nein,"
sagte der Bischof, „aber der Vorhof dazu!" Bei der Taufe sprach der Bischof:
„Beuge, stolzer Sigambrer, demütig deinen Nacken! Bete an, was du ver¬
brannt, und verbrenne, was du angebetet hast!" Der Papst gab ihm den
Ehrennamen „Allerchristlichster König", weil er der erste katholische deutsche
Fürst war.
3. Seine Nachfolger. Nachdem Chlodwig durch Schwert und Arglist
sein Reich erweitert und sich zum Herrscher aller Franken gemacht hatte,
raffte ihn der Tod im rüstigsten Mannesalter hinweg (511). Seine Nach¬
folger lebten und regierten in seinem Geiste. Zuletzt versanken sie immer
mehr in Trägheit, Genußsucht und Laster. Ihre Hausmeier, welche die
fürstlichen Güter verwalteten, regierten zuletzt auch das Reich.
4. Die deutsche Lehnsverfassung. In jenen Zeiten entwickelte sich
die Lehnsverfassung, die im Mittelalter ein Grundpfeiler des Staates war.
Die Könige beschenkten ihre Dienstmannen mit erobertem Lande, das Allod
hieß und freies Eigentum war. Von dem, was sie behielten, gaben sie wieder
Stücke an Dienstleute als Lehen. Lehensleute konnten wieder kleine Teile
an ihre Geleitsmänner als Afterlehen geben. Belehnte waren Vasallen
ihrer Lehnsherren und ihnen zu Dienst und Treue verpflichtet. Das ärmere
Landvolk geriet in vollständige Abhängigkeit von den Grundherren oder in
Leibeigenschaft.
4. Die Ausbreitung des Christentums und Bouifaeius,
der Apostel der Deutschen (f 755).
1. Das Christentum in den ersten Jahrhunderten. Am Pfingsttage
empfingen die in Jerusalem versammelten Apostel den verheißenen hl. Geist.
An demselben Tage stiftete Petrus daselbst die erste Christengemeinde. Darauf
trugen die Apostel das Evangelium des Friedens in alle Welt. Die Seg¬
nungen desselben wurden bald sichtbar. Die Christen waren die besten Bürger,
die treuesten Soldaten und die gewissenhaftesten Eltern; sie waren eifrig in
der Nächstenliebe, aber Gott und Gottes Sohn liebten sie über alles. Doch
ehe die Kirche zu einem Baume erwuchs, der alle Völker in seinem Schatten
sammelte, brausten heftige Stürme daher, die den Baum zu entwurzeln
drohten, in Wahrheit aber ihn immer tiefer und fester wurzeln ließen. Zehn
große Verfolgungen verhängten die Feinde über die Christen, aber „das Blut
der Märtyrer wurde die Aussaat der Kirche!" Die erste Verfolgung war
unter dem römischen Kaiser Nero. Dieser launische Tyrann hatte Rom an
9 Enden anzünden lassen, um das Bild eines großen Brandes zu haben und
um es schöner wieder auszubauen. Die Schuld schob er auf die Christen.
Gegen diese wandte sich nun die Volkswut und ersann unerhörte Martern.
Sie wurden in Säcke gesteckt und ins Wasser gestürzt, in Gärten angepfählt,
mit Brennstoffen überstrichen und _ als lebende Fackeln angezündet, den wilden
Tieren vorgeworfen, gekreuzigt wie Petrus, enthauptet wie Paulus u. f. w.
Nero starb später als Selbstmörder auf der Flucht mit den Worten: „Welch
ein Künstler stirbt in mir!" — Die letzte Christenverfolgung unter dem
Kaiser Diokletian war die grausamste von allen. Man marterte die Christen,
riß ihre Kirchen nieder und suchte alle hl. Schriften zu vernichten. Geduldig
trugen die Christen das Schwerste. Solchen Heldenmut, wie ihn die Blut¬
zeugen hatten, besitzt der Mensch nur durch Gottes Gnade. Eine Religion,