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„Nun ade denn, du Dorf und ihr fleißigen Leut,
Ihr Wiesen, ihr Sümpfe, wir scheiden ja heut'.
Gott segne das Hüttchen, auf dem wir gewohnt,
Er lass' es von Feuer und Stürmen verschont.
Wenn lauer im Frühling die Lüfte wohl wehn,
Dann giebt es ein freudiges Wiedersehn. 2
Ade! Adel⸗
2. Am Bache noch einmal trinkt Nachtigall schnell,
„Ade, liebe Fluren!“ so singet sie hell,
„Ihr habt mich erquicket mit Speise und Trank,
Ich hab's euch gedanket mit schmetterndem Sang.
Nun seid ihr ermüdet, wollt schlafen auch gehn; —
O möget im Lenze ihr wonnig erstehn!
Wir Vöglein, wir können so lange nicht warten.
Gott schirme indessen den schlummernden Garten!
AWel ade!⸗
3. Zum Fenster noch einmal blickt's Schwälbchen hinein:
„We, liebe Kinder, geschieden muß sein!
Ich hatte mein Nest an dem Fenster gebaut,
Ihr habet mit Freuden die Kleinen geschaut,
Und gern auf mein Zwitschern des Morgens gehört;
Ihr habet mir nimmer den Frieden gestört.
Drum möge auch euch in Freud' und Gefahren
Der Himmel die liebenden Eltern bewahren!
Wel ade!⸗
189. Die Zugvögel.
Gubitz.
Die Störche ziehen im Herbste fort, weil sie im Winter keine Eidechsen,
Schlangen, Frösche, Bienen und dergl. bei uns finden würden und also ver—
hungern müßten. Der rauhe und unfreundliche Winter gefällt ihnen auch
o überhaupt nicht. Außer den Störchen giebt es aber auch noch viele andere
Zugvögel, z. B. die Schwalben, die Stare, die Wachteln, die wilden Tauben.
Ehe sie fortziehen, versammeln sie sich in großen Scharen, die Störche auf
einer Wiese, die Schwalben in einem Dorfe, die Stare im Schilf eines
Weihers. Ist endlich ihre Zeit gekommen, so treten sie bei günstigem Winde
ss die Reise an, lassen den traurigen Winter hinter sich und suchen einen ewigen
Frühling auf. Selbst die zahmen Störche wollen dann nicht bleiben, auch
wenn sie Futter genug haben. Unruhig laufen sie hin und her und schreien
ihren fortziehenden Kameraden den Äbschiedsgruß nach. Du weißt, daß
viele Leute die Wachteln in einen Käfig sperren. Wenn nun die Wachteln
o im Oktober ihre Reise antreten, da will auch die gefangene Wachtel mitziehen.
Setz ihr das beste Getreide und den besten Salat vor: sie verschmäht deine
Leckerbissen und verlangt mit ihren Kameraden zu ziehen. Ihr Verlangen
ist so groß, daß sie die ganze Nacht hindurch in ihrem Gefängnis hin und
her läuft; ja, sie fliegt dann mit solcher Gewalt gegen die Decke ihres Käfigs,
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