Full text: [Teil 5 = (Für Unter-Sekunda), [Schülerband]] (Teil 5 = (Für Unter-Sekunda), [Schülerband])

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eingesprengten Enklaven in frernden Reichen, ohne ständige Machtent¬ 
faltung an eine Aufrechterhaltung des Besitzstandes überhaupt nicht zu 
denken ist. Durch nichts hat England in den Zeiten, als noch die nationalen 
Momente nicht so stark mitsprachen wie heute, seine Kolonien so wirksam 
an sich gefesselt als durch die freiwillige Übernahme des gesamten Auf¬ 
wandes für ihre Verteidigung, durch Entlastung derselben von großen Auf¬ 
gaben und Verantwortlichkeit in außenpolitischer und militärischer Hinsicht. 
In Nordamerika hat es durch gegenteiliges Vorgehen schlimme Erfahrungen 
gemacht. 
Natürlich können sich die Kolonien ein gewisses militärisches Rüstzeug 
beschaffen; in Australien und am Kap ist eine Miliz organisiert, Australien 
und Indien besitzen sogar gewisse Rudimente einer Marine; Deutschland 
und Frankreich halten in ihren Kolonien Kolonialtruppen, die bei letzterem 
Lande nicht nur zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verteidigung 
gegen wilde Bewohner im Innern und in der Nachbarschaft, sondern auch 
gegen äußere Angreifer dienen sollen. Das aber steht heute außer Zweifel 
und tvird außer in Frankreich auch nirgends ernsthaft bestritten, daß die 
großen Kämpfe un: und für die Kolonien zwischen den großen Mächten 
teils auf dem Boden Europas, teils auf der See und nüt Ausnahme etwa 
gegen Amerika und Japan an den west- und südeuropäischen Küsten werden 
ausgefochten werden. Ein Angriff auf die Kolonien durch kühnen Hand¬ 
streich eines im Auslande kreuzenden Geschwaders, eine glückliche Ver¬ 
teidigung einer derselben durch Landstreitkräfte mag als ausgezeichnete 
Kriegstat, als vorübergehender Erfolg bemerkenswert sein, ihr zukünftiges 
Schicksal wird zwischen den Hafenplätzen der kriegführenden Großmächte 
durch den Ausgang des Gesamtkampfes entschieden. 
So ist gegenüber Landmächten Landheer und Flotte, gegenüber nur 
zur See zugänglichen Staaten eine starke Schlachtflotte das einzige Mittel 
der Sichenmg von Kolonien in Kriegszeiten. Nur die Nation kann auf 
kolonialpolitische Erfolge hoffen, die hier gerüstet ist. Ist sie nicht imstande, 
ihre Kolonien zu verteidigen, mit ihnen zur See einen starken militärischen 
und wirtschaftlichen Verkehr aufrecht zu erhalten, so muß sie des Schicksals 
von Spanien und Portugal gewärtig sein, die durch die Hinaussendung 
einer ackerbauenden Siedelungsbevolkerung in Südamerika gewisse Grund¬ 
lagen ihrer Kultur reproduziert haben, der großen Sum:ne nationaler, 
politischer und wirtschaftlicher Vorteile aber verlustig gegangen sind, welche 
sie von Rechts wegen in diesem gewaltigen, fruchtbaren, reichen Erdteile 
hätten zeitigen müssen. Heute ist ihr Einfluß hier verloren. Geschützt von 
fremden Kriegsschiffen, vollzieht sich Südamerikas Verkehr mit fremden 
Ländern auf Handelsschiffen der aufstrebenden und nach Seeniacht ringenden
	        
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