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102. Abschied der Zugvögel.
H offmann v. F.
Wie war so schön doch Wald
und Feld!
Wie traurig ist ansetzt die Welt!
Hin ist die schöne Sommerzeit,
und nach der Freude kam das Leid.
Wir wußten nichts von Ungemach,
wir saßen unterm Laubesdach
103.
vergnügt und froh im Sonnen¬
schein
und sangen in die Welt hinein.
Wir armen Vöglein trauern sehr,
wir haben keine Heimat mehr.
Wir müssen jetzt von hinnen fliehn
und in die weite Fremde ziehn.
Der Wettlauf zwischen Hasen und Igel.
Bechstein.
Es war einmal an einem Sonntagsmorgen in der Herbstzeit,
just als der Buchweizen noch blühte. Die Sonne war goldig am
Himmel aufgegangen, der Morgenwind ging frisch über die Stop¬
peln, die Lerchen sangen in der Luft, die Bienen summten in dem
Buchweizen, und die Leute gingen in ihren Sonntagskleidern nach
der Kirche, kurz, alle Kreatur war vergnügt, und der Swinegel auch.
Der Swinegel aber stand vor seiner Thür, hatte die Arme
übereinander geschlagen, guckte dabei in den Morgenwind hinaus,
trällerte ein Liedchen vor sich hin, so gut und so schlecht, als es
nun eben am lieben Sonntagsmorgen ein Swinegel zu singen ver¬
mag. Indem er nun noch so halbleise vor sich hin sang, fiel ihm
auf einmal ein, er könnte wohl, während seine Frau die Kinder
wüsche und anzöge, ein bißchen im Felde spazieren und dabei sich
umsehen, wie seine Steckrüben ständen. Die Steckrüben waren
das nächste bei seinem Hause, und er Pflegte mit seiner Familie
davon zu essen; deshalb sah er sie denn auch als die seinigen an.
Der Swinegel machte die Hausthür hinter sich zu und schlug den
Weg nach dem Felde ein. Er war noch nicht sehr weit vom
Hause und wollte just um den Schlehenbusch, der da vor dem
Felde steht, hinausschlendern, als ihm der Hase begegnete, der in
ähnlichen Geschäften ausgegangen war, nämlich um seinen Kohl
zu besehen. Als der Swinegel des Hasen ansichtig wurde, bot er
ihm einen freundlichen guten Morgen. Der Hase aber, der nach
seiner Weise ein gar vornehmer Herr war und grausam hochfahrig
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