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Kraft und Gewandtheit, was die trefflichen Waffen und Rüstungen, da ein
Fingerdruck des Feigsten aus weiter Ferne sie niederstrecken konnte! End¬
lich aber mußten sie doch der Macht der Umstände nachgeben und die'alten
Waffen mit dem Schießgewehr vertauschen oder sich vom Kriegsdienste ganz
zurückziehen. Sie wählten meist das letztere und verloren dadurch nicht
wenig an Macht und Bedeutung. Von nun an wurde der Waffendienst
durch bezahlte Söldnerschaaren (in Deutschland die Landsknechte) verrichtet;
aus diesen gingen allmälig die stehenden Heere hervor. Auch wurden die
Schlachten mit weniger Erbitterung ausgekämpft, da nicht mehr die Stärke
der einzelnen Streiter, sondern die Gewandtheit des Anführers und die
Schnelligkeit in den Bewegungen der Massen den Ausschlag gab. Der
Krieg wurde zur Kunst, die Kriegführung zu einer Wissenschaft.
3. Die Erfindung der Duchöruckerkunst 1440. Auf dem Gebiete
der geistigen Entwickelung ist jedoch keine Erfindung bedeutungsvoller ge¬
wesen, als die der Buchdruckerkunst. Früher gab cs nur geschriebene Bücher.
Sie rührten meistens von Mönchen her, welche aus dem Abschreiben ein
Geschäft machten. Die großen Anfangsbuchstaben waren gewöhnlich in zier¬
licher, verschlungener Schrift ausgeführt und nicht selten mit bunten Far¬
ben augemalt oder wohl gar mit Gold ausgelegt. Dies Alles machte die
Bücher sehr theuer. Eine einzige schön geschriebene Bibel kostete damals
2 bis 300 Thaler, so daß nur reiche oder doch wohlhabende Leute stch
Bücher kaufen konnten. An Hebung der Volksbildung, an Verallgemeine¬
rung der Kenntnisse und Wissenschaften durch die Schrift war daher nicht
zu denken; was in dieser Hinsicht geschah, beschränkte sich auf das münd¬
liche Wort der Geistlichen und Mönche in Kirchen und Klostcrschulen.
Der erste Schritt zur Erfindung der Buchdruckerkunst geschah, als man
Im Anfange des 14. Jahrhunderts die Holzschneidekunst zur Verferti¬
gung von Spielkarten und Heiligen-Bildern anwandte. Man schnitt näm¬
lich die Figuren auf einem hölzernen Bretchen so aus, daß sie hervorstan¬
den, bestrich sie mit Farbe und druckte sie dann so oft ab, als man wollte.
Da man den bildlichen Darstellungen auch Unterschriften, Beschreibungen
und kleine Erzählungen beizufügen pflegte, so kam man auf den Gedan¬
ken, auch diese mit in Holz auszuschneidcn. Selbst kleine Gebetbücher
wurden in den Niederlanden durch Lorenz Koster von Harlem seit 1420
auf solche Weise hergestellt. Allein auf größere Bücher war diese Art zu
drucken nicht gut anzuwenden, denn man hätte für jedes Blatt eines jeden
Buches auch eine besondere, zu nichts Anderem taugliche Form haben
müssen. Da kam Johann Gutenberg, der 1401 zu Mainz geboren war,
in Straßburg auf den glücklichen Gedanken, die Buchstaben einzeln und
von gleicher Größe an der Spitze hölzerner Stäbchen auszuschneiden, diese
zu Wörtern 'zusammenzusetzen, abzudrucken und dann wieder auseinander zu
nehmen, um sie zu jedem andern Drucke zu gebrauchen. Der erste Versuch
(1440) gelang zwar nicht nach Wunsch, weil die hölzernen Lettern leicht
zersprangen; doch hoffte Gutenberg die Sache bedeutend zu bessern, wenn
er die Buchstaben aus Metall: aus Blei, Zinn oder Eisen mache. Ehe
er dies jedoch ausführte, zog er (1445) von Straßburg wieder nach Mainz.
Hier trat er mit dem reichen Goldschmied Johann Faust oder Fust in
Verbindung, der ihn gegen die Halste des zu erwartenden Gewinns mit