Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

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Zweiter Zeitraum des Mittelalters: 751—1096. 
weiter gegangen, indem sie nicht nur einen, sondern mehrere Söhne zu 
Mitregenten annahmen. Die kaiserliche Würde derselben war nur Schein, 
in Wirklichkeit regierte der eigentliche Kaiser allein; diese Vervielfältigung 
der Person des Kaisers sollte nur dazu dienen, diese gegen etwaige Attentate 
zu sichern. Endlich hat dann Basilius I. ein angebliches Gesetz Constantin 
des Großen erneuert, wonach die kaiserlichen Prinzen in einem besondern Ge¬ 
mache des Palastes, der sog. Porphyrs, geboren werden sollten; daher denn der 
Beiname Porphyrogennetus und das besondere Recht, welche einem solchen 
aus wirklich kaiserlichem Stamme entsprossenen Fürsten gebühren sollte. 
Wenn auch von jetzt an bei der gesicherten Thronfolge manche Unord¬ 
nungen, insbesondere die Parteiungen des Circus, abnahmen, so trat doch 
hiermit zugleich eine größere Erschlaffung der Herrscher ein. Die Erziehung 
in der Kaiserfamilie beruhte mehr auf wissenschaftlichem Unterricht, als auf 
Charakterbildung; mehrere Kaiser des macedonischen Hauses zeichneten sich 
mehr durch Schriftstellerei als durch kriegerische Tüchtigkeit aus; eben des¬ 
halb wurde auch die Thronfolge dieser Dynastie mehrmals durch Erhebung 
siegreicher Feldherren unterbrochen. Basilius' Sohn, Leo VI. der Phi¬ 
losoph, theilte sein Leben zwischen Ausschweifungen und Schriftstellerei. 
Constantin VII. Porphyrogennetus war bei hohem Eifer für Litera¬ 
tur, und namentlich für die Geschichtschreibung dieser Zeit, ein Pedant und 
Wüstling; das letztere aber mehr, als er, sein SohnRomanus II., welcher 
im Verdachte steht, auf Veranlassung seiner Gemahlin Theophano, der „by¬ 
zantinischen Fredegunde", seinen Vater vergiftet zu haben. Die Usurpatoren, 
welche zwischen diesem und dessen Söhnen den Thron bestiegen, Nicepho- 
rus II. Phokds, und der Armenier Johannes Tzimisces, führten 
glückliche auswärtige Kriege gegen die Araber auf Greta und in Vorderasien 
(s. S. 303) und gegen die Russen, welche seit der Eroberung Bulgariens 
Constantinopel selbst bedrohten. Beide waren tapfere Degen, wagten jedoch 
nicht, in Folge der in den Gemüthern eingewurzelten Idee der Legitimität, 
die berechtigten Erben des Thrones ganz zu beseitigen. So sind Romanus' 
Söhne, Basilius II. und Constantin VIII., die Brüder der deutschen 
Kaiserin Theophano, am Leben geblieben und bei günstiger Gelegenheit 
auch wirklich zur Regierung gekommen. Der erstere führt den Beinamen 
Bulgaroktonos, weil er von 15,000 gefangenen Bulgaren 14,850 blenden 
ließ; von den übrigen 150, denen ein Auge gelassen war, bekam jedes 
Hundert der Geblendeten einen zum Führer, um sie heimzugeleiten; der andere 
Constantin VIII., ein markloser Schlemmer, war der letzte Kaiser des 
macedonischen Hauses. Aber die Throngewalt dieses Hauses dauerte noch in 
der weiblichen Nachkommenschaft fort. Seine ältere Tochter, Zoe, nahm 
mit Romanus III. Argyrus, welcher der 48jährigen Fürstentochter aufge¬ 
zwungen worden war, den Thron ein, schaffte ihn aber bald durch Gift bei 
Seite, um ihren Liebling, Michael IV. den Paphlagonen, zu erheben.
	        
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