Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

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Dritter Zeitraum des Mittelalters: 1096-1273. 
in den Staub gesunken war, als gegen das Ende des Jahres 1185 
der Kaiser mit der Braut seines Sohnes seinen Einzug in Mailand hielt. 
Und als nun am 27. Januar das Brautpaar in der zur Hochzeitsfeier 
neu ausgeschmückten Kirche des heiligen Ambrosius vermählt und gekrönt 
ward, da fehlte nichts, was die Majestät des kaiserlichen Namens, der 
Glanz des Ritterthums und der Reichthum und Bürgerstolz der lombardischen 
Städte zur Verherrlichung des Festes bieten konnten. Wie Heinrich und 
Constantia, so sollten nach des Kaisers Sinn auch Deutschland und Italien 
unauflöslich mit einander verbunden sein. Alle Feindschaft, so verkündete 
er, soll vergessen, früheres Unrecht den Italienern verziehen sein und unter 
dem Schirm der kaiserlichen Huld Friede und Eintracht walten durch das 
ganze Reich. Indem Friedrich seinen Sohn Heinrich durch den Patriarchen 
von Aquileja zum Könige von Italien krönen ließ, entzog er den Päpsten 
die früher benutzte Zuflucht in ihrem Lehen-Königreiche. 
Der zürnende Papst starb, nachdem er den Arm zum Streiche bereits 
erhoben hatte, und sein Nachfolger Gregor Vlll. schlug einen versöhnlicheren 
Ton an. Denn es trat jetzt eine Angelegenheit in den Vordergrund, bei 
welcher der gute Wille des Kaisers nicht wohl zu entbehren war. Jerusalem 
war in die Hände der Türken gefallen, das gesammte Ergebniß des ersten 
Kreuzzugs drohte verloren zu gehen. Der Kaiser, von der allgemeinen Er¬ 
regung mit fortgerissen, gelobte nach einigem Zagen, sich an die Spitze eines 
neuen Kreuzzuges zu stellen. Es war ein ergreifender Moment, als der 
greise Held auf dem Hoftage zu Mainz, zu den Füßen des päpstlichen Le¬ 
gaten und des Bischofs von Würzburg niedersinkend, aus ihren Händen das 
Kreuz entgegennahm. Ohne Zweifel hat er sich daran erinnert, daß der 
Kaiser des Abendlandes auch in einem solchen Falle nicht zurückstehen dürfe, 
und vielleicht hat auch auf ihn, wie so manche andere heroische Natur, der 
Orient den ihm eigenen Zauber ausgeübt. Hatte er doch, als er sich in den 
Tagen nach der Schlacht von Legnano einmal von den Thaten Alexander's 
d. Gr. vorlesen ließ, mit Wehmuth seinem Schicksale den Vorwurf gemacht, 
daß es nicht auch ihm Asien zum Schauplatze seiner Thaten angewiesen habe. 
Die umsichtige Vorbereitung des beschlossenen Unternehmens, die Ma߬ 
regeln, die der Kaiser für die Zeit seiner Abwesenheit zum Zwecke der Be¬ 
ruhigung des Reiches traf, bezeugen alle den auch die verwickeltste politische 
Aufgabe bemeisternden Geist. Im Frühjahr 1190 trat Friedrich den Zug 
an, von dem er nicht wiederkehren sollte. Die neidischen Fluten des Se- 
leph in Eilicien haben das edle Leben zu einer Zeit entführt, in der das 
Gelingen des Begonnenen gesichert erscheinen durfte. Nie seit dem großen 
Karl hat sich ein Fürst der Deutschen bei der Nation solche Liebe, bei den 
Fremden solchen Ruhm erworben. Das Volk hat das Ende seines gewal¬ 
tigen Kaisers dem Natürlichen völlig entrückt und Friedrich in den luftigen 
Bereich reiner Sage erhoben, der sich nur den liebsten Helden der Nation
	        
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