Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

432 . Dritter Zeitraum des Mittelalters: 1096-1273. 
Kaisers seinem Orden unzählige Freiheiten, Privilegien und Rechte, so weit 
nur das staufische Scepter reichte, eine Landeshoheit, die den Fürstentitel des 
Meisters rechtfertigte, den Königstitel des Landes Preußen vorbereitete. 
Thorn, Culm und Marienwerder waren die ersten Burgen der Ritter. Längs 
dem großen Strome, dann immer tiefer ins Land hinein, langsam aber sicher 
vorrückend, schritt die Civilisation des Kreuzes vorwärts. Dem Meister 
selbst war es nicht beschießen, die junge aufblühende Pflanzung in Augenschein 
zu nehmen. 
Wie er früher die Rolle des Schiedsrichters zwischen dem Kaiser Friedrich 
und dem Papste übernommen hatte (f. S. 429), so bot er auch in seinen 
letzten Jahren Alles, was in seinen Kräften stand, auf, um den Ausbruch 
des offenen Zwiespaltes zwischen den beiden Häuptern der Christenheit we¬ 
nigstens zu verzögern, kaum weniger vom Papste Gregor IX. geehrt, als 
von Friedrich II., dem er mehr als ein vertrauter Diener war, ein Mann 
mit offenem Auge für die Ehre des Reiches und mit lebhaftem Gefühl für 
die Machtstellung des deutschen Volkes. So hat er denn zuletzt, als. die 
Lombarden jegliche Versöhnung mit ihnen hintertrieben, eifrig für den gegen 
sie zu führenden Reichskrieg gewirkt, obwohl dieser den Bruch mit dem 
Papste beschleunigen mußte. Nach der Schlacht bei Cortenuova war er im 
Anfange des I. 1238 nach Deutschland geeilt; krank kam er im Sommer 
mit (Konrad) dem Sohne des Kaisers und dem deutschen Heere nach Verona 
zurück, wo er seinen kaiserlichen Freund zum letzten Male sah. Er eilte 
nach Salerno, wo die berühmtesten Aerzte der dortigen Hochschule vergebens 
ihre Kunst aufboten, den fliehenden Geist noch zurückzuhalten. Es war ein 
merkwürdiges Verhängniß, daß er gerade an jenem ereignißvollen Palm¬ 
sonntage 1239 verscheiden mußte, der den Wunsch seines Herzens, die Ar- 
, beit seines halben Lebens, den Frieden zwischen Papstthum und Kaiserthum, 
gänzlich zertrümmerte, (f. S. 425). In der Capelle des einst von Kaiser 
Heinrich VI. geschenkten Ordenshauses zu Barletta, des ältesten auf dem 
europäischen Continen't, ward er bestattet. 
87. Konrad IV. 
(Nach Friedrich Schirrmacher, Die letzten Hohenstaufen, bearbeitet vom Herausgeber.) 
Konrad IV., der Sohn Friedrich's und seiner zweiten Gemahlin, der 
Tochter des Königs Johann von Jerusalem, war nach der Empörung und 
Absetzung seines ältern Stiefbruders aus seinem Heimatlande Apulien nach 
Deutschland gebracht und 1237 von eils deutschen Fürsten in Wien zum 
römischen Könige gewählt worden, der dritte in Italien geborne Staufe,
	        
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