Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

12. Manch. 
53 
Arkadien ein, ließ ihn aber entkommen, da er der Vollendnng seines 
Sieges nicht gewiß war, anch sich gegen den Orient noch öfter des 
Alarich zu bedienen gedachte, bis Ost-Rom schließlich zu dem Grade der 
Machtlosigkeit gebracht sei, daß es sich dem Occident, d. H. dem Stilicho, 
ganz in die Arme werfen müsse. Rufinus erlag auch alsbald einer Mili¬ 
tärverschwörung, die unter Stilicho's Einfluß entstanden war. Der Gothen¬ 
könig aber zog frei aus dem Peloponnes nach Epirus, wo er bald (397) 
von Byzanz, das ihn nun um jeden Preis befriedigen und entfernen mußte, 
seine Ernennung zum Oberbefehlshaber (dux) im oströmischen Jllyricum 
erhielt, wie er denn schon früher eine höhere Stellung gewünscht hatte. 
Hier, an der Grenzscheide beider römischer Reiche, bedrohte er abwechselnd 
beide Kaiser, bereit, in jedem gelegenen Augenblicke sich gegen Osten oder 
Westen zu wenden. Endlich bewogen ihn, wohl mehr als des byzantinischen 
Hofes Hetzereien, der größere Reichthum der noch seltener geplünderten Pro¬ 
vinzen des Abendlandes und die Abwesenheit ihres einzigen Beschützers 
Stilicho in gallischen und rhätischen Feldzügen, sich gegen das Westreich zu 
wenden und in Italien einzubrechen (400). Er verheerte nach einem Siege 
bei Aqnileja Venetien, drang fast ohne Widerstand westlich gegen Ligurien, 
südlich gegen Tuscien vor und verbreitete durch seine Reiterschaaren Schrecken 
bis tief in das Herz Italiens. Erst 402 eilte Stilicho nach den beendeten 
Kämpfen in Rhätien und nach neuen Rüstungen zur Rettung herbei und 
griff am Ostertage die Gothen, die an diesem Tage keines Kampfes gewärtig 
waren, bei Pollentia an. Beide Theile schreiben sich den Sieg zu. Jeden¬ 
falls aber blieb der Tag ohne Entscheidung, denn Stilicho konnte die Gothen 
nicht abhalten, den Po, über den sie zurückgewichen, wieder zu überschreiten. 
Doch nöthigten unbekannte Gründe, vielleicht Abfall einzelner seiner Führer, 
den König, abermals über diesen Fluß nach Nordosten zurückzukehren. 
Das verödete Oberitalien erfreute sich kaum der Ruhe, als es durch 
einen noch furchtbarern Feind (als Alarich) heimgesucht wurde. Der Gothe 
Radagais, an der Spitze von germanischen Völkern, worunter Gothen 
den Haupttheil ausmachten, drang Über die Ostalpen unaufhaltsam nach 
Italien vor (404?), um durch Etrurien gerade auf Rom zu gehen. Bei 
Fäfulä, nördlich von Florenz, wurden sie plötzlich von Stilicho mit Hülfe 
hunnischer und gothischer Hülsstruppen in den Bergen eingeschlossen, deren 
Pässe von den Römern auf das stärkste besetzt waren, und Stilicho's Be¬ 
sonnenheit, der jedem Treffen auswich, worin die größere Menge oder die 
Verzweiflung den Sieg erringen konnte, brachte die Eingeschlossenen bald in 
die schrecklichste Lage. In den Angriffen verloren sie beständig Leute, noch 
mehr kamen durch Hunger um, so daß der Rest sich ergeben mußte, wovon 
ein Theil in Stilicho's Dienste trat, die Anderen aber nach Norden zurück¬ 
kehrten und in Gallien Verheerungen anrichteten. Radagais selbst ward ge¬ 
fangen und getödtet. Stilicho suchte dem oströmischen Reiche den Rest von
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.