Full text: Die Geschichte der neuern Zeit (Bd. 3)

74. Der siebenjährige Krieg in Deutschland. 457 
geschlagen (7. September), Winterfeld selbst tödtlich verwundet. Gegen Ende 
October erhielt der König Nachricht von dem in dieser Jahreszeit nicht mehr 
erwarteten Vorrücken des Reichsheeres, dem eine Abtheilung Franzosen unter 
Soubise (Schwiegervater des Prinzen Cond6) beigegeben war, um das zucht¬ 
lose Heer und die dem Kriege abgeneigten Reichsfürsten im Zaume zu halten. 
Friedrich traf sie bei Roßbach an der Saale, in einer so festen Stellung, 
daß er es nicht wagen konnte, mit seinen 22,000 M. die 64,000 M. starken 
Feinde anzugreifen. Der Herzog von Hildburghausen wollte den König zum 
Rückzug über die Saale nöthigen und dann ungestört Winterquartiere beziehen. 
Am 5. November zog sich der rechte Flügel des Reichsheeres in einem weiten 
Bogen um den linken preußischen Flügel herum, als wollte er dem Könige 
den Rückzug nach der Saale abschneiden. Als er glaubte, das preußische 
Heer bereits völlig umgangen zu haben, brach der General Seidlitz, welchem, 
obwohl er der jüngste Reiter-General war, der König seine ganze Reiterei 
anvertraut hatte, mit seinen 38 Schwadronen hervor und sprengte die 52 
feindlichen Schwadronen nach geringen Versuchen der Gegenwehr so, daß sie 
mit Verlust vieler Gefangenen bis über die Unstrut flüchteten. Von ihrer 
Reiterei verlassen, im Rücken jetzt von Seidlitz bedroht, versuchten die Feinde 
noch gegen das vom Könige selbst herangeführte Fußvolk anzurücken, mußten 
aber schon nach einer Viertelstunde in großer Unordnung die Flucht ergreifen. 
Diesen Augenblick nahm Seidlitz wahr, um mit der Reiterei in den Rücken 
der Feinde einzuhauen und deren Niederlage zu vollenden. Die Preußen 
verloren nur 373 Todte und Verwundete, ihre Feinde 6-—700 Todte, 2000 
Verwundete, 5000 Gefangene (darunter gegen 300 Ofsiciere). Der König 
übergab den Oberbefehl der bis über die Unstrut vorgerückten Truppen dem 
Herzoge Ferdinand von Braunschweig und eilte nach Schlesien, wo seine 
baldige Gegenwart durch die Bedrängniß des Herzogs von Bevern dringend 
nothwendig war. 
Vertheidigung Schlesiens. Hier hatten die Oesterreicher durch die 
Einnahme der Festung Schweidnitz einen sichern Waffenplatz gewonnen und 
waren Meister des Gebirges und seiner Päsie. Der Herzog Karl von Loth¬ 
ringen, verstärkt durch das Nadasdy'sche Heer, hatte mit seiner Uebermacht (von 
80.000 M.) den Herzog von Bevern, der kaum 30,000 M. hatte, angegriffen 
und ihn (22. Nov.) bei Breslau besiegt; zwei Tage später wurde der Herzog 
von Bevern von einem österreichischen Vorposten gefangen genommen und 
Breslau ohne Gegenwehr den Oesterreichern übergeben. Diese gedachten in 
Schlesien sichere Winterquartiere zu halten, der König aber sah wohl ein, 
daß er sie unverzüglich vertreiben oder den ganzen Besitz dieser Provinz auf 
immer aufgeben müsse. Er vereinigte sich mit dem Reste des Bevern'schen 
Heeres, hatte abev auch dann nur 32,000 M., während der Herzog Karl von 
Lothringen sich in einer sehr festen Stellung befand mit einem Heere von 
80.000 M. erprobter und seit dem Tage von Kolin durch erfochtene Siege
	        
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