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Zweiter Zeitraum: 1648—1789.
kirch in der Lausitz vor; er selbst wollte vor Tagesanbruch (14. Oct.) die
Hauptstettung der Preußen angreifen, während Laudou den rechten preußischen
Flügel umgehen sollte. Die Oesterreicher näherten sich am Abend vorher
bei tiefer Finsterniß in aller Sülle dem Lager der Preußen, die auf Befehl
des Königs, gegen alle Vorstellungen der Generale, sorglos ruhten, selbst
die Reiterei hatte abgesattelt. Der sonst so wachsame König, nur mit seinen
eigenen strategischen Ideen beschäftigt, vernachlässigte die gewöhnlichen Sicher-
heitsmaßregeln, indem er Daun keine Offensive gegen ihn zutraute. Doch
mit dem Schlage 5 Uhr begannen die Croaten Landon's und Daun's Fu߬
volk den Angriff, aus dem sich ein ernstes Treffen entwickelte. Die Preußen
verloren über 9000 M. (die Oesterreicher über 5000 M.). Wichtige Fol¬
gen hatte die kurze, aber blutige Schlacht nicht; denn sie führte nicht zu
der beabsichtigten Vereinigung der Oesterreicher mit den Russen. Seydlitz
deckte mit seiner gefammten Reiterei den geordneten Rückzug nach Schlesien,
welchen Daun nicht durch Verfolgung störte. Der König nahm das Win¬
terquartier in Nieder-Schlesien, sein Feldherr Fouquö in Ober-Schlesien, der
Prinz Heinrich in Sachsen.
Drei Jahre hindurch war der Krieg mit großer Uebermacht gegen Preu¬
ßen geführt, eilf Schlachten waren geschlagen, Deutschland größtenteils ver¬
wüstet und ausgesogen und dennoch kein entscheidendes Ergebniß herbeige¬
führt worden. Erst im folgenden Jahre sollte sich die Gefahr, welche dem
Könige, seinem Staate und seinem Heere von seinen beiden nordischen Nach¬
barn drohte, vollständig entwickeln.
Die Feldzüge des Jahres 1759.
Friedrich konnte die Mittel zur Fortsetzung des Krieges aus seinen,
theils von den Feinden besetzten, theils ausgesogenen und verheerten Ländern
nicht entnehmen; er sah sich daher genöthigt, die in seinen Händen befind¬
lichen Länder seiner Gegner auf das härteste zu belasten, namentlich mußte
Sachsen, welches er für ein erobertes Land erklärte, die gewaltsamsten Er¬
pressungen (12,000 Recruten und für 10 Mitt. Thlr. Lieferungen) erdulden,
llebrigens war die große Uebermacht feiner Feinde, welche in diesem Jahre
350,000 M. ausstellten, zum Theil (wie früher) mehr scheinbar als wirklich
vorhanden; die gegen ihn verbündeten Höfe konnten sich über den allge¬
meinen Plan des Feldzuges schwer einigen und die Feldherren waren noch
uneiniger als die Höfe.
Der Krieg auf dem westlichen Schauplatze. Der Herzog von
Braunschweig eröffnete, wie im vorigen Jahre, den Feldzug. Das franzö¬
sische Hauptheer (die Rhein-Armee) unter Contades lag in weitläufigen Quar¬
tieren zwischen dem Niederrhein und der Maas, ein kleineres Heer unter
Soubise, dann unter Broglio — ohne Zweifel dem tüchtigsten Generale, den
die Franzosen in diesem Kriege nach Deutschland geschickt haben — zwischen