105. Aratus und Philopoemen.
gänzliche Umwälzung nicht bloß der gegenseitigen Verhältnisse der Staaten,
sondern auch der inneren Verfassungen verknüpft sein würde, und um diese
zu vermeiden, verschmähten sie es nicht, da sie allein dem Kleomenes zu
widerstehen nicht stark genug waren, sich uni Beistand au eben den zu wenden,
gegen den ihr Bund früherhin vorzugsweise gerichtet gewesen war. Deni
makedonischen Könige Antigonus (Doson) wurde um den Preis seiner Hülse ,
der Schlüssel des Peloponnes, Akrokorinthus, ausgeliefert; Kleomeues wurde
nach kräftigem Widerstände in der entscheidenden Schlacht bei Sellasia
geschlagen und somit die Obermacht Makedoniens neu befestigt, bis die Römer,
an welche sich die Achäer im Kampfe gegen Perseus angeschlossen, dieser ein
Eude machten, dafür aber nun selbst, wenn nicht dem Namen nach, doch in
der That Gebieter ihrer Bundesgenossen wurden.
105. Äratus nnd philopotmcn.
(Nach Wilhelm Schorn, Geschichte Griechenlands von der Entstehung des
iitolifchen nnd achäischen Bundes.)
Aratus ist von der Nachwelt ebenso scharf getadelt als unbedingt ge¬
lobt worden, ein deutlicher Beweis, daß er weder das Eine noch das Andere
in dem Maße verdient. Bei der Beurtheilung muß aber besonders die Zeit
berücksichtigt werden, in welcher er lebte. Damals waren erhabene Ideen
abgestorben, jeder verfolgte Privatzwecke, unbekümmert um das Allgemeinem
daher sichert schon der Versuch eines halbedlen Zieles ein löbliches Andenken.
Demgemäß besaß Aratus nicht ein großes hellenisches, sondern nur ein enges
achäisches Herz; hierin liegt der Schlüssel zur Erklärung seiner Handlungs¬
weise. Als Mensch ist er durch viele schöne und liebenswürdige Eigenschaften
ausgezeichnet; als Bürger verdient er Achtung wegen seiner großen Liebe
zu« Vaterlande, dem er mit treuer Ergebenheit sein Leben weihte und auf
dessen Emporkommen mit seltener Ausdauer alle seine Anstrengungen ge¬
richtet waren. Dem Staate brachte er den ganzen Menschen zum Opfer,
Vermögen, Feindschaft, Freundschaft, selbst den unauslöschlichen. Haß gegen
die Tyrannen, den er von Kindheit an eingesogen hatte, nur nicht den Ehrgeiz,
der selbst seinen Patriotismus verdächtig macht. Er allein wollte am achäischen
Horizonte glänzen; sein Einfluß drückte alles, was sich neben ihm zu erheben
suchte, eifersüchtig nieder. Das war ein großes Unglück für den achäischen
Bund/ der, durch Aratus weit über seine alten Grenzen ausgebreitet, kräftigerer
Leiter bedurfte, um innere Tüchtigkeit zu erhalten. Als ächter Vaterlands¬
freund mußte er zu einer Zeit, wo er dem allgemeinen Wohle nicht mehr
wesentlich nützen konnte, sich selbst verläuguen und vorzüglichen Männern
neben sich eine freie Stellung einräumen. Von der Natur hatte Aratus nur