Full text: Bilder aus der Weltgeschichte und Sage

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Geschichte des Alterthums. 
genannt; ein Titel, der auf seine Thronfolger überging. Jedoch wirkte 
die Annahme des Christenthums nicht veredelnd auf seine Gesinnung. 
Er beging nach rote vor viele Treulosigkeiten und Grausamkeiten. Nicht 
allein durch Krieg und Eroberungen suchte er seine Macht zu vermehren^ 
sondern er räumte auch seine eigenen Verwandten durch heimtückischen Mord 
aus dem Wege, damit keiner ihm die Alleinherrschaft streitig machen konnte. 
Nach Weiter, Stacke u. a. 
91. Wohnsitze und Gesetze der deutschen Mtker. 
Wohnsitze, lll-hilas. Ein großer Theil der deutschen Stämme war zur Zeit 
der Völkerwanderung nach fremden Ländern gewandert und hatte hier oft fremde 
Sitten angenommen. Nur die in Deutschland zurückgebliebenen bewahrten treu die 
von den Borfahren ererbten Gesetze, Gewohnheiten und Sprache. Die bedeutendsten 
derselben waren unstreitig die Franken, die am Nieder-Rheine wohnten und 
immer weiter nach Westen, ins nördliche Frankreich, vorrückten. In der Mitte 
von Deutschland wohnten die Thüringer; über ihnen, an der Weser, im jetzigen 
Westfalen und Hannover, die Sachsen, und an den Ufern der Nordsee, die wilden 
Friesen. In Schwaben saßen die Allemannen, im jetzigen Baiern die Baiern 
(Bojer), und in dem ganz östlichen Theile von Deutschland, der jetzt Mecklenburg, 
Pommern, Brandenburg, Sachsen, Böhmen. Mähren und Schlesien heißt, nichts 
als Wenden nnd Slaven, die sich durch schwarze oder braune Augen und 
schwarzes Haar von den blonden, blauäugigen Deutschen unterschieden und auch 
eine eigene Sprache redeten. Erst im vierten nnd fünften Jahrhundert breitete sich 
das Christenthum auch unter den deutschen Völkerschaften aus, aber nur sehr all- 
mälig. Einer der ersten Bekehrer zum Christenthum war hier der wackere Bischof 
Ulphilas, der anfangs der Völkerwanderung unter den Gothen lebte und seinen 
Landsleuten die Schreibckunst lehrte. Er übersetzte auch mit vieler Mühe die Bibel 
in ihre Sprache, von welcher lieb Ersetzung wir noch einen Theil übrig haben. Mit 
der Kenntniß der christlichen Religion machten die Deutschen nun auch größere 
Schritte zur Ausbildung ihrer Sitten. 
Ordalien oder Gottesurtheile. Die Gesetze unserer Vorfahren waren sehr einfach. 
Konnte man die Schuld oder Unschuld des Beklagten nicht ermitteln, so mußte er 
einen Eid leisten. Aber da kamen manche Fälle vor, wo böse Menschen einen 
falschen Eid geleistet hatten, und nun nahm man seine Zuflucht zu den Ordalien 
oder Gottesurtheilen. Hierbei, glaubte mau, übernehme Gott selbst die Ent¬ 
scheidung. Die gewöhnlichsten Ordalien waren folgende: Die Feuerprobe. Der 
Angeklagte mußte 4V2 Schritte laufen und dabei ein glühendes Eisen auf der flachen 
Hand halten. Dann wurde diese in ein Säckchen gebunden und versiegelt. War 
nach drei Tagen keine Brandwunde da, so sprach man den Angeklagten los. Auf 
eine ähnliche Art verfuhr man beim KeffeIfange, wo der Beschuldigte mit ent¬ 
blößtem Arme in einen Kessel voll kochenden Wassers fahren und einen auf dem 
Grunde liegenden Ring herausholen mußte. Bei der Wasserprobe wurde der 
Verklagte an Händen und Füßen gebunden und so ins Wasser geworfen; sank er 
unter, so zog man ihn geschwind als unschuldig heraus; schwamm er, so wurde er 
als schuldig bestraft. Bei der Kreuzprob e wurden der Angeklagte und der Kläger 
jeder an ein Kreuz mit ausgebreiteten Armen hingestellt; wer zuerst ermüdete, hatte 
den Prozeß verloren. Oft wurde auch das Recht durch einen Zweikampf erwiesen, 
und dies ist der Ursprung der Duelle, dte zur Schande unseres aufgeklärten Jahr¬ 
hunderts auch heute noch vorkommen. Daß alle diese Mittel gar sehr unzuverlässig 
waren, sehen wir zwar jetzt wohl ein; aber damals hatten die Leute den Glauben 
an eine unmittelbare Einmischung Gottes, den wir auch wohl noch hier und 
da bei uns finden. 
Die Lehusversassung. Hatte ein Stamm ein neues Land erobert, so wurden 
gewöhnlich die Besiegten Leibeigene und die Sieger Herren. Aus diesen bildete 
sich dann der Adel. Der König oder Fürst vertheilte die Ländereien nach Gut- 
düukeu an seine treuen Begleiter, doch so, daß er ihnen die Besitzung wieder nehmen 
und einem andern geben konnte. Wenn der Besitzer starb, so fiel fein bisheriges Besitz¬ 
thum wieder an den König zurück, der es dann aufs neue, entweder an den Sohn des
	        
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