Geschichte des Alterthums, — Die Griechen.
selbst vom Felsen herab. Aber der schreckliche Orakelspruch ging nun in
Erfüllung; Oedipus vermählte sich mit Jokaste, seiner Mutter. Nach einiger
Zeit kam eme verheerende Pest über das Land; man befragte das Orakel
und so kam endlich Oedipus zur Erkenntniß seiner Geburt und seiner un¬
wissentlichen schuld. Voll Verzweiflung stach er sich die Augen aus, ließ
sich von seinen Söhnen zum Thore von
Theben hinausführen und irrte als
Bettler, von seiner Tochter Antigone
geführt, bis an sein Ende in fremden
Ländern umher. Jokaste gab sich selbst
den Tod.
Eteokles und Polynices im Streit.
Oedipus hinterließ zwei Söhne, Ete¬
okles und Polynices, die sich beide
um die Regierung dergestalt verglichen,
daß jeder abwechselnd einJahrdieHerr-
schast haben sollte. Eteokles bestieg den
Thron und gefiel sich so wohl aus dem-
selben, daß er ihn nicht wieder ver¬
lassen wollte, als das Jahr abgelaufen
war. Der betrogene Polynices wandte
sich nun zum König in Ärgos, welcher
ihm seine Tochter zur Gemahlin gab
Oedipus wird blind zum Thore hinausgeführt. Und ihm Mächtige Hülfe versprach. —
(Aus Winkelmanns Denkmälern.) Sieben Helden rückten gegen das wohl-
. befestigte Theben mit ihren Heeren
an Eteokles schloß steh mit den ©einigen in Theben ein, und alle sieben
Helden, die es belagerten, waren nicht im Stande, ihn herauszutreiben,
weil sie sich zwar auf offenes Gefecht, aber nicht auf Eroberung fester
Werter verstanden. Lchon waren auf beiden Seiten viele tapfere Streiter
gefallen, als Eteokles und Polycines beschlossen, ihren Zwist mit einander
tm Zweikampfe auszumachen. Tag und Ort wurden festgesetzt, die Völker
verhielten sich in stiller Traurigkeit. Die beiden Fürsten stürzten auf
einander, durchbohrten einander und gaben beide den Geist auf. Man
legte sie auf einen Scheiterhaufen, nach der Sitte der Griechen, die ihre
Todten verbrannten, und um den grenzenlosen Haß der beiden Brüder aus¬
zudrücken, erzählte man, die Flamme habe sich getheilt, um selbst nicht ein¬
mal die Asche der Brüder zu vermischen. ,
Fortsetzung der Belagerung von Theben. Nun setzte ihr Oheim gegen
die Belagerer den Krieg fort. Gleich bei dem ersten mörderischen Ausfall,
den erhat, kamen fast alle argivischen Feldherren um; von den Sieben
gegen Theben blieb nur einer am Leben, welcher so eilig entfloh, daß er
nicht einmal den auf dem Schlachtfelde Gefallenen die üblichen Todten-
opfer bringen und^ ihre Leichname verbrennen konnte. Die Thebaner
rühmten^ sich des Sieges; denn die Sieben waren gefallen. Aber diese
hatten «Löhne hinterlassen, würdig die Rächer ihrer Väter zu sein. Zehn
^ahre nachher standen sie auf und drangen an der Spitze eines zahlreichen
Heeres in_ das Gebiet ihrer Feinde. Diesmal unterlagen die Thebaner
und verließen die Stadt, welche rein ausgeplündert ward. Ein Sohn des
Polynices ergriff nun die Herrschaft. So lange aber Oedipus Nachkommen
herrschten, waltete fortwährend schweres Unglück über dem Reiche.