An der Alpcnfront konnten die Italiener an ein paar Stellen um einige Kilometer
über die Grenze vordringen (§ 41—43). (Die Südzipfel Tirols, beiderseits des Garda¬
sees, hatten die Österreicher gleich zu Ansang preisgegeben.) Das Hauptkampsgebiet
waren die Trientiner Alpen (südlich von den Dolomiten), das Gebiet der „7 (deutschen)
Gemeinden". In einer Offensive im Mai und Juni 1916 wurden hier "die Italiener
bis zu 17 km zurückgeworfen, aber bald darauf mußten die Österreicher ein Drittel
des eroberten Geländes mit den Städten Arsiero und Asiago wieder aufgeben (§ 42).
b) Eingehendere Darstellung.
40 Es war ein Schurkenstreich ohnegleichen, daß Italien seinen Bundesgenossen,
durch die es zu Wohlstand und Ansehen gekommen war, in den Rücken fiel, und das,
obgleich Österreich sich bereit erklärte, die italienisch sprechenden Gebiete abzutreten.
Aber Italiens Ehrgeiz ging weiter: die adriatische Gegenküste sollte italienisch,
die Adria das italienische Meer (mare nostrum) werden! — Zum erstenmal
wurde der Egoismus, wie er Hier als Treubruch in die Erscheinung trat, heilig
gesprochen! Die Weltgeschichte hat schwerlich etwas Widerlicheres auf ihren Blättern
zu verzeichnen als diesen schändlichen Verrat eines Volkes, das sich einer zwei Jahr¬
lausende alten Kultur rühmt!
Am 1. Pfingsttag, 23. Mai 1915, erklärte Italien an Österreich den Krieg (an
Deutschland erst im Sommer 1916). Längs der ganzen Grenze vom Stilsser Joch
an, da, wo Österreich, Italien und die Schweiz zusammenstoßen, bis zur Mündung
des Jsonzo ins Adriatische Meer suchten die Italiener in Österreich einzudringen,
die Hauptsache aber blieben die Kämpfe an der Jsonzofront, da allein Hier,
wo sich die Alpen zum Karst erniedrigen, (und wo in nächster Nähe das heiß ersehnte
Triest winkte), die Möglichkeit eines Durchbruchs gegeben war. Das Jsonzo- und
Karstgebiet ist von jeher ein Durchgangsgebiet zwischen Alpen und Meer gewesen.
Schon die Römer hatten Hier auf ihrem Wege nach Osten Aquileja und Cividale
(Forum Julium) angelegt. Später hatten Hunnen und West- und Ostgoten und
in neuerer Zeit Napoleons Heere aus dem Zuge gegen Wien 1796 (sie kamen bis
Leoben) diese Lücke für ihren Durchmarsch benutzt. Jetzt sollte sie die Siegesstraße für
Cadorna werden! Zwei Jahre lang (vom Juni 1915 bis zum August 1917) rangen
hier die Italiener in elf blutigen großen Schlachten und zahllosen Einzelkämpfen
vergeblich um den Durchbruch, bis sie im Oktober und November 1917 von dem
ergrimmten Gegner hinweggefegt wurden. Bevor wir uns diesen Kämpfen an der
Jsonzofront zuwenden, betrachten wir zunächst
41 1. Die Ereignisse an der Alpenfront. Die Italiener versuchten, wie gesagt,
an der ganzen Alpengrenze in Österreich (in Tirol und Kärnten) einzudringen,
konnten diese $ront ober nur an einzelnen Stellen annagen. Wir folgen der Grenze
von Westen nach Osten (siehe Kriegsatlas).
1. An der Westgrenze Südtirols. Sie verläuft, beim Stilsser Joch be¬
ginnend, über die Ortler-Alpen und über die Adamello - Gruppe. Trotz
wiederholter Kämpse am Stilsser Joch und am Tonale-Paß (zwischen Ortler-
und Adamello-Alpen) wurden auf dieser Grenzstrecke keinerlei Erfolge i'rzielt.
2. Auf der Süd spitze Tirols. Hier gelang es den Italienern, die Zipsel
beiderseits des Gardasees zu besetzen (westlich das Südende des Talzuges Judi-
carien, östlich das Gebiet von Ala).
3a. An der Ostgrenze Tirols1) Sie verläuft über die Dolomiten (über die
Marmolata) und die Trientin er Alpen, die durch das obere Brenta-Tal (Sugana-
1‘biige
Kriegs¬
schauplätze:
*) Wir gliedern: 3 a in den Trientiner Alpen, 3 b in den Dolomiten.