Object: Grundriß der Geographie für höhere Lehranstalten

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Allgemeine Einleitung. 
nehmen,, daß die in der Erde entwickelten Gase, wo sie keinen Ausweg fin¬ 
den, Erschiitterungen Hervorrufen, an anderen Stellen dagegen, wo Vulcane 
Abzugscanäle für die Gase darbieten, nur so lange Erdbeben erzeugen, als 
sie nicht init diesen Canälen in Berbindung treten konnten; deshalb schwin¬ 
det die Besorgniß der Bewohner vulcanischer Gegenden vor Erdstößen, so¬ 
bald die Vulcane wieder einen Ausbruch machen. Zuweilen bahnen sich 
die Gase auch neue Wege: sie brechen aus Spalten hervor, die sie erst neu 
gebildet haben, und bewirken selbst, ganz wie an Vulcanen, ein Hervortreten 
glühender Lava und stoßen Asche aus denselben hervor. — Die Erdbeben 
stehen nicht immer mit vulkanischen Eruptionen in Verbindung; sie erscheinen 
oft plötzlich. Die Erschütterung geht selten quer durch ein großes Gebirge, 
dagegen folgt sie gern großen Flußthälern. Die Zahl der in den histori¬ 
schen Zeiteil in der alten Welt vorgekommenen schätzt man auf 3—4000. 
Die einzelnen haben sich meist nur über gewisse Kreise verbreitet (Erschüt- 
terungskreise). Die Gegenden um das Mittelländische Meer bilden einen 
solchen. Um die Richtung desselben zu bestimmen, bedient man sich eines 
in einem, von der Luft nicht bewegten Raum aufgehängten Pendels, das 
mit einem an seinem lmtereit Ende angebrachten Stifte in einer Sandfläche 
(Erdbrände sind nicht vul- 
die ihln mitgetheilten Schwingungen anzeigt, 
canisch, sondern entstehen durch Entzündung von Kohlenflötzen und schwefel¬ 
haltigen Erdmassen. Der „brennende Berg" bei Duttweiler brennt bereits 
seit 2—3OO Jahren: der Erdbrand bei Plan itz beiZwickan ist wahrschein- 
lich im dreißigjährigen Kriege durch Muthwillen kaiserlicher Soldaten ver¬ 
anlaßt worden.) Die bekanntesten nild furchtbarsten Erdbeben der neueren 
Zeit sind: das, welches 1755 am 1. November Lissabon verwüstete, und 
wobei das Meer und der Tejo (wodurch 40000 Menschen das Leben ver 
loren) inehrere Male an 40 Fuß stieg, dann aber wieder so siel, daß sein 
Bett beinahe trocken war: die Quelle von Teplitz blieb an dem nämlichen 
Tage 7 Minuten lang aus und ergoß sich dann trübe und roth, bis sie 
erst später wieder hell wurde: sein Erschütterungskreis erstreckte sich bis nach 
England, Skandinavien, Finnland, nach den Canaren, den kleinen Antillen 
und bis zum Ontario-See, so daß der bewegte Theil säst den 12ten Theil 
der ganzen Oberfläche der Erde betrug: das Erdbeben, welches im Jahre 
1783 die Provinz Calabrie» und die Stadt Messina in Sicilie» verwüstete : 
ferner das vom Jahre 1707, welches mehrere Monate hindurch die Ge 
gend von Quito in Süd Amerika aus mehr als 100 Meilen weit erschüt¬ 
terte; das vom Jahre 1805, wobei die Terra di Lavoro im Königreich 
Neapel und die Stadt Neapel selbst litt; das Erdbeben von Aleppo in Sy¬ 
rien, 1822, wobei 20000 Menschen umkamen, das von Murcia in Spa¬ 
nien 1820, 1851, wo die Städte Melfi und Bari in Apulien sehr gelitten 
haben. Zu Anfang des Jahres 1867 (2. Januar) fand ein Erdbeben in 
der Provinz Algier statt, das sehr großen Schaden anrichtete und viele 
Menschen das Leben kostete. Am 7. März wurde Mhtilini (Insel Lesbos) 
durch ein Erdbeben heimgesucht, das sich über einen Theil von Klein-Asien 
bis Eonstantinopel fühlbar machte und über 1000 Menschen das Leben kostete. 
Sehen wir auf die Veränderungen, welche Erdbeben auf der Erdober¬ 
fläche bleibend zurücklassen, wobei wir ganz von denjenigen absehen, welche 
nur Menschenwerke zerstört haben, so finden wir, daß einzelne Theile der
	        
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