Full text: Deutsche Geschichte mit Ausblick auf die Nachbarstaaten (Teil 3)

— 263 — 
Jüngling freiwillig ins Heer eintreten. In dem Jahre, wo er sein 20. Lebensjahr- 
vollendet, muß er zur „Stellung". Wird er für tauglich befunden, fo tritt er im 
Herbste als Rekrut ein. 2 oder 3 Jahre*) dient er dann unter der Fahne, 
hierauf ist er bis zum 28. Jahre Reservist. Die 5 folgenden Jahre gehört er 
der Landwehr ersten Aufgebots an und die übrigen bis zum 31. März des 
Jahres, in dem er sein 39. Lebensjahr vollendet, der Landwehr zweiten Aufgebots. 
Zum Landstürme gehören alle dienstfähigen Männer vom 17. bis zum 45. Lebens¬ 
jahre, die weder im Heere noch in der Marine gedient haben. Die deutsche 
Flotte (Marine) zählt etwa 50 große Schiffe mit 400 Kanonen. Wer 12 Jahre 
freiwillig beim Militär dient, bekommt den Zivil-Versorgungsschein und bei guter 
Führung 1000 Mark Belohnung. Die Friedensstärke des Gesamtheeres soll 1 °/o 
der Bevölkerung betragen. 
b. Znvaliditäts- und Altersversicherung der Arbeiter. 
Unter Wilhelm II. ist (1891) die schon von Wilhelm I. geplante Jnvali- 
ditäts- und Altersversicherung in Deutschland eingeführt worden. Fast 12 Millionen 
Arbeiter find dadurch vor bitterer Not geschützt, weun sie arbeits- und erwerbs¬ 
unfähig werden oder ein Alter von 70 Jahren erreicht haben. Etwa xj3 der 
Versicherungsbeiträge muß der Arbeiter, */3 der Arbeitgeber und Vs der Staat 
entrichten. Im Jahre 1895 sind an etwa 348 000 Personen mehr als 42 
Millionen Mark ausgezahlt worden. Die Invalidenrente erhalt jeder, der 
dauernd arbeitsunfähig geworden ist, die Altersrente jeder, der 70 Jahr alt ist 
und während einer bestimmten Zeit Beitrag gezahlt hat. Unter allen Ländern 
der Erde hat sich Deutschland zuerst des Arbeiters so in liebender Fürsorge 
angenommen. 
c. Sekbsternschähung. 
Um die Steuerlast möglichst gerecht zu verteilen, hat man in Preußen die 
Selbsteinschätzung eingeführt. Ein jeder, der mehr als 3000 Mark Einkommen 
hat, ist demgemäß verpflichtet, die Höhe feines Einkommens genau anzugeben. Ein 
kleines Einkommen wird verhältnismäßig weit geringer besteuert als ein großes. 
So hat z. B. A. ein Einkommen von jährlich 1000 Mark, wovon er nur etwa 
10—12 Mark Steuern zu zahlen hat. B. dagegen, dessen Einkommen sechsmal 
so viel — also 6000 Mark — beträgt, hat nicht nur den sechsfachen Steuer¬ 
betrag des A., sondern wohl das Zwanzigfache (20 X 12 — 240 Mark) zu 
zahlen. — Wer fein Einkommen wissentlich zn niedrig angibt, verfällt in harte 
Strafe. Dem Beispiele Preußens sind auch einige andere deutsche Staaten gefolgt. 
d. Staatshaushalt und Staatsschulden. 
1. Staatshaushalt. Die Einnahmen und Ausgaben des Reiches sowie fast 
aller Bundesstaaten werden durch ein Gesetz im voraus auf ein Jahr geregelt. 
Diese Zusammenstellung nennt man den Reichs- bezw. Staatshaushalt (Etat oder 
Budget). Decken die Einnahmen die Ausgaben, so ist er im Gleichgewichte, über¬ 
steigen dagegen die Ausgaben die Einnahmen, so entsteht ein Fehlbetrag (Defizit), 
übersteigen die Einnahmen die Ausgaben, so entsteht ein Überschuß. 
2. Staatsschulden. Wenn der Staat mehr Geld auszugeben hat, als er 
einnimmt (was zur Erreichung wichtiger Zwecke, wie z. B. zur Herstellung einer 
Eisenbahn oder eines Kanals, zuweilen nötig ist), so ist er gezwungen, eine 
*) 3 Jahre bei der Kavallerie, der reitenden Artillerie und der Flotte, in dyt anderen. irm 
Truppenteilen 2 Jahre. j^örg^ckeri-mstitll 
för internationale 
gchu.ibvc4 '"chung 
Brauns^ i..eig 
Schulbuchbftoliothek
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.