Vorrede.
Bei der Bearbeitung des vorliegenden Buches haben uns besonders folgende
Grundsätze geleitet:
1. Der Unterricht in der Geschichte soll nicht nur einen klaren Einblick
in die geschichtlichen Tatsachen, in ihre Ursachen und Wirkungen vermitteln,
sondern muß vor allem herz- und gemütbildend sein. Nur der erziehende
Geschichtsunterricht entspricht dem Zwecke der Schule. Darum siud besonders die
Personen und Tatsachen hervorzuheben, die moralisch wertvoll sind und sittlich
kräftigend auf des Kindes Seele einwirken. Durch Vorbilder edler Menschlichkeit,
hingebender Opferwilligkeit und glühender Vaterlandsliebe soll des Kindes Herz
begeistert und entflammt werden. *)
Mehr als bisher muß die Pädagogik diesem Punkte ihre Aufmerksamkeit
zuwenden. Er ist der Kardinalpunkt des ganzen Geschichtsunterrichts, und wo
er vernachlässigt wird, da bringt sich der Geschichtsunterricht um seinen schönsten
Erfolg. Denn hier vor allem liegt seine fruchtbringende Kraft. Wo sie fehlt,
da gleicht der Geschichtsunterricht einer Schale ohne Inhalt.
Und leider legt man der Schale vielerorts noch viel zn viel Bedeutung bei.
Noch immer wird ihr zu viel Zeit geopfert. Das ist besonders überall da der
Fall, wo unwichtige, trockene Tatsachen und Nameu herbeigeholt werden, die
höchstens zur Vervollständigung einer Geschichtsperiode dienen, das Gedächtnis voll¬
pfropfen, aber keinen lebensvollen, den kindlichen Geist kräftigenden Inhalt bilden.
Mutet man den Kindern zu, sich eine Fülle wertloser Namen und Tatsachen
einzuprägen, wo soll dann die Zeit für den Herz und Geist erfrischenden Inhalt
herkommen? Also fort mit allem Ballast, mit den überflüssigen, trockenen Namen,
mit der unverdaulichen Kost! Bieten wir den Kindern etwas Besseres!
2. Nur dann wird der Unterricht wirklich bildend und erziehend wirken,
wenn der Inhalt zugleich geeignet ist, den Geist des Kindes zu fesseln.
Darum muß der Stoff so anziehend wie möglich gestaltet werden. Trockene
Darstellung ist zu vermeiden.
3. Was die Kinder nicht verstehen, erzeugt bei ihnen Langweile oder richtet
in ihrem Geiste Verwirrung an und kann deshalb nicht fruchtbringend auf ihre
Seele einwirken. Es ist deshalb vor allen Dingen alles zu vermeiden, was
über die Köpfe der Kinder hinweggeht. Insbesondere ist der Stoff den
verschiedenen Altersstufen möglichst genan anzupassen.
*) Damit soll keineswegs gesagt sein, daß man die Schattenseiten und Schwächen der
im Geschichtsunterrichte auftretenden Personen vertuschen müsse. Im Gegenteil, ein guter
Geschichtsunterricht muß auch wahr sein. Wo es die Wahrheit, das Verständnis einer
Handlung, die zu ergründende Ursache einer Tat erfordert, da weise man ruhig auf jene
Schattenseiten hin. Erst so lernt das Kind die „Geschichte als das Weltgericht"
erkennen.