Full text: Königreich Württemberg (H. 18)

Wie gemeine Verbrecher wurden sie im Heidelberger Schlosse in 
Ketten gefangengehalten; Ulrich wurde endlich gegen ein sehr 
hohes Lösegeld freigegeben und kehrte als halbgebrochener Mann 
nach Hause. Auch in seinem Hause erlebte er viel Schmerz. Er hatte 
zwei Söhne, von denen der ältere, Eberhard, ein ausschweifender 
und leichtsinniger Jüngling, als der letzte des Stuttgarter Grasen- 
h auf es auf seinen Vater folgte. — Der Urach er Linie entstammte 
sein wackerer Vetter 
5. Eberhard V. „im Bart", der spätere Herzog. Er war 
beim Tode seines Vaters (1450) noch so jung, daß für ihn und 
seinen älteren Bruder, Ludwig II., der früh starb (1457), eine Vor¬ 
mundschaft eingesetzt werden mußte. Die Vormünder mußten nicht 
allein die Regierung führen, sondern auch dafür sorgen, daß der 
junge Graf recht erzogen werde. Glücklicherweise hatte er einen 
tüchtigen Lehrer, Johannes Fergen, bekannt als Fergenhans oder 
Nauclerus; doch durfte er Latein nicht lernen nach dem letzten 
Willen seines Vaters, der bei der schwächlichen Gesundheit des 
älteren Sohnes verhüten wollte, daß der jüngere Geistlicher werden 
könne. Da deswegen Eberhard hauptsächlich zu ritterlichen Leibes¬ 
übungen angehalten wurde, so wurde er bei seinem munteren und 
lebhaften Wesen zu wild und ausgelassen. Als er 14 Jahre alt 
war, wurde er volljährig und sollte nun selber regieren; statt dessen 
fing er an, ein lustiges und leichtsinniges Leben zu führen und gab 
damit den Gutgesinnten, aber namentlich feiner feingebildeten 
Mutter Mechthild, Grund zu Sorge und Kummer. Nach wenigen 
Jahren jedoch bekam Eberhard dieses Leben satt, und mit einem Male 
wurde er ein anderer Mensch. Er wählte sich jetzt erfahrene, weise 
Männer, von denen er etwas lernen konnte, so den Prior Konrad 
von Münchingen und Georg von Ehingen. Georg erzählte ihm 
viel vom Morgenlande, wo er glorreich gekämpft hatte, und so ent¬ 
stand in dem jungen Grafen der Plan, eine Pilgerfahrt ins 
gelobte Land zu machen, die zugleich eine Art von Buße für 
seine Jugendsünden sein sollte. Glücklich kam er 1468 nach 
Jerusalem und wurde am Heiligen Grab zum Ritter geschlagen. 
Von da an ließ er sich den Bart wachsen. Die Sage erzählt, Eber¬ 
hard habe ein Reis von einem Weißdorn mitgebracht und bei seinem 
Jagdschloß Einsiedel in die Erde gesteckt; das Reis sei dann zu einem 
starken Baum geworden. Seit seiner Pilgerfahrt sieht man ihn ab¬ 
gebildet mit einem Palmbaum, der umwunden ist von seinem Wahl¬ 
spruch : „attempto!“, d. h. „ich wag’s!" Wenige Jahre später 
fand Eberhard eine treffliche Gemahlin in Barbara Gonzaga aus 
Mantua. Bei der zu Urach gefeierten Hochzeit ging es hoch her. 
13 000 Personen wurden gespeist, und aus einem Brunnen mit 
drei Röhren floß Wein für alles Volk.
	        
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