bis fiit Friedrich dem Großen.
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nicht auf der Wachtparade erschien, Truppen besichtigte, sie exerzieren
ließ, dann zum Vortrag der Räte, dann Audienzen, dann Arbeit im
Kabinett, alles mit militärischer Pünktlichkeit, bis auf die Minute genau.
2. Die Sorge des Königs für das Heer. Der König hatte
wohl erkannt, daß der kleine preußische Staat nur dann etwas bedeute,
wenn er viel Soldaten und Geld habe. Das preußische Heer bestand
damals zum großen Teil aus geworbenen Leuten. Die Offiziere des
Königs durchzogen die deutschen Staaten und suchten gegen Zahlung
eines Handgeldes Leute für den preußischen Dienst zu gewinnen. Auch
wurden junge Männer aus den preußischen Provinzen zum Militär
ausgehoben. Zu diesem Zwecke war das Land in Bezirke oder Kan¬
tons geteilt, die den einzelnen Regimentern zugewiesen waren, damit
sie aus ihnen sich Rekruten ausheben könnten. Da in dem Heere
Leute aller Herreu Länder zusammen dienten, so mußte strenge Kriegs¬
zucht gehalten werden. Die Unteroffiziere (Korporale) führten beim
Exerzieren einen Stock, mit dem sie jede Nachlässigkeit, jede Unauf¬
merksamkeit und jeden falschen Griff straften. Wer davon zu laufen
suchte, mußte Spießruten laufen. Zwei Reihen Soldaten, von denen
jeder einen tüchtigen Stock in der Hand hatte, wurden aufgestellt.
Durch diese Gasse wurde der eingefangene Flüchtling langsam hin¬
durchgeführt, und jeder der Soldaten, an dem er vorbeischritt, mußte
ihm einen tüchtigen Hieb versetzen.
Die Uniform der Soldaten war genau bestimmt und waren alle
gleichmäßig bekleidet und ausgerüstet, es war vorgeschrieben, wie breit
die Halsbinde sein mußte, wie viel Knöpfe an den Gamaschen sitzen
mußten, wie lang der Zopf, der damals bei den Männern Mode war,
sein sollte. Der König verlangte von den Soldaten nicht bloß Ge¬
horsam, Pünktlichkeit und Tapferkeit, sondern er wollte sie auch zur
Frömmigkeit und Gottesfurcht erziehen. Darum gab er den Regimentern
Feldprediger, und'jeder Soldat erhielt das Neue Testament, welchem
einige Kernlieder zum Gebrauch beim Gottesdienst beigefügt waren.
Friedrich Wilhelm I. hatte eine große Vorliebe für große
Soldaten, aus denen er in Potsdam ein Leibregiment bildete und die
er die „langen Kerle" nannte, beim Volke aber hießen sie die „Pots¬
damer Riesen." Diese Soldaten wurden mit großen Kosten aus aller
Herren Länder durch des Königs Werbeoffiziere zusammengebracht, und
der sonst sparsame König hat, wie ihm nachgerechnet wurde, bloß an
Werbegeldern für die langen Kerle seines Leibregiments mehr als
12 Millionen Thaler ausgegeben, ohne die großen Zehrgelder und