IX. Hie Zeit des Ringen- nach Freiheit und Einheit. 75
statt geworden oder ganz verschwunden, und das Sondereigentum eines
jeden Hofes ist durch die Verkoppelung in große Stücke oder Koppel
zusammengelegt worden. Dadurch ist mehr Zeit für Aussaat und Ernte
gewonnen, und statt der magern, dürftigen Viehweiden, die,sonst als
Gemeinheit die Dörfer umgaben, sehen wir jetzt fruchtbare Acker und
reiche Gärten. Freilich ist den Häuslingen, die gar keinen Landbesitz
haben, auf diese Weise die Weidebenutzung auf der Gemeinheit ent¬
gangen; aber eine weise Fürsorge wird auch sie wieder zu ihrem Rechte
kommen lassen.
5. Die Mission, a) Außere Mission. Folgend dem Worte
^Jesu: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker und taufet sie,"
hat die christliche Kirche von altersher das Christentum unter den Heiden
verkündigt oder Mission getrieben. Zur Zeit Friedrich Wilhelms III. lebte
die Missionsthätigkeit der Christen unter den Heiden aufs neue auf; man
nennt sie äußere Mission. In besonderen Missionsanstalten werden die
Missionare für ihren Beruf ausgebildet. Solche Anstalten für äußere
Mission giebt es z. B- in Berlin, Hermannsburg in der Provinz
Hannover. Basel, Barmen und Leipzig. Jeder, der sich stark genug
fühlt, die Beschwerden dieses Berufes zu ertragen, kann sich zum
Missionare ausbilden lassen.
b) Innere Mission. Diese sucht unter Christen das erloschene
und gefährdete Glaubensleben neu beleben und erhalten zu helfen. Sie
errichtet für die Kinder im vorfchulpflichtigen Alter Krippen und Warte¬
schulen, für das schulpflichtige Alter Waisenhäuser und Rettungs¬
anstalten. Die der Schule Entwachsenen finden in Jünglings¬
vereinen und Dienstbotenschulen Unterhaltung und Belehrung. Den
Reisenden und Arbeitslosen thun sich die Herbergen zur Heimat und
Mägdeherbergen auf. Der sittlich Verkommenen und Arbeitsscheuen
nehmen sich die Magdalenenasyle und Arbeiterkolonien an, und
den bereits mit Zuchthaus Bestraften gehen noch liebend die Vereine
für entlassene Sträflinge nach. In großen Städten, wo auch das
Elend gewöhnlich am größten zu sein pflegt, sind Stadtmissionare, die
Notleidende und Hilfebereite aller Art aufsuchen und einander nahebringen.
Anstalten, in denen christliche Jünglinge und Jungfrauen zum Dienste in
der innern Mission ausgebildet werden, bestehen in jeder Provinz unseres
Landes; die ältesten und bedeutendsten evangelischen Anstalten sind das
Rauhe Haus zu Horn bei Hamburg, die Diakonissenanstalt zu Kaisers -
wert am Rhein und die Anstalt Bethel bei Bielefeld in Westfalen.
45. König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.
1840—1858.
1. Thronbesteigung. Im Jahre 1840 bestieg Friedrich Wilhelm IV.
den preußischen Thron. Er gelobte dem Volke ein gerechter Richter,
ein treuer sorgfältiger, barmherziger Fürst und ein christlicher König
zu sein. Dieses Gelübde hat er bis an sein Lebensende gehalten.