Full text: Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte

658 
Die Zeit der Freiheitskriege 
Alliance an. Blücher, obwohl eben geschlagen, hatte versprochen, 
mit seinen Truppen Unterstützung zu bringen. Aber der Sonntags- 
morgen machte ein sehr unfreundliches Gesicht; der Regen goß in 
Strömen vom Himmel. Wohl freute sich Blücher des „Alliierten von 
der Katzbach, der dem Könige wieder viel Pulver erspare," aber der 
alte Verbündete versumpfte alle Wege. Mühselig marschierte das 
Fußvolk dahin, die Kanonen sanken bis an die Achsen in den auf¬ 
geweichten Lehmboden ein und mußten mit aller Anstrengung immer 
wieder herausgehoben werden. Blücher, immer noch von heftigen 
Schmerzen gequält, ritt an die Soldaten heran: „Kinder," rief er, 
„wir müssen vorwärts. Es heißt wohl, es geht nicht, aber es muß 
gehen. Ich habe es ja meinem Bruder Wellington versprochen, ihr 
wollt doch nicht, daß ich wortbrüchig werde?" Das spornte die Leute 
zur höchsten Anspannung der Kräfte an, willig ertrugen sie alle Be¬ 
schwerden. Es war die höchste Zeit, daß Blücher kam. Die Eng¬ 
länder waren von Napoleon nach stundenlangem Ringen ziemlich zu¬ 
rückgeworfen und Wellington sah die Entscheidung nahen. Da griffen 
die Preußen in den letzten Stunden des Nachmittags ein, und 
Napoleon gab die Schlacht verloren. „Ms nach und nach der 
Schlachtenlärm bis auf das nah und fern hörbare Gerassel von Waffen und 
Geschütz und das Jauchzen der Sieger verhallt und das Kommando zum Ge- 
wehrabnehmen und Ruhen gegeben war, da stimmten vom rechten Flügel her die 
Musikchöre, wie auf ein gegebenes und doch nicht verabredetes Zeichen, die Melodie 
„Nun danket alle Gott" an. Wie aus einer Brust erscholl aus vielen tausend Kehlen 
augenblicklich der den schönen Choral begleitende Gesang, der alle Herzen in einer 
Art ergriff, die sich nicht aussprechen läßt. Der Eindruck war gewaltig. Jeder, 
auch der roheste, fühlte, was sein Mund sang, jeder empfand während des erheben¬ 
den Gesanges, daß „Gott große Dinge an uns gethan habe." Kameraden, Freunde, 
Bekannte und Unbekannte, Offiziere und Soldaten drückten sich stumm die Hände, 
und in diesem Augenblick schwanden Rang und Stand, die Offiziere eilten zu den 
Soldaten, diese verließen Reihe und Glied, um sich gegenseitig in die Arme zu fallen, 
und so sprach ein Herz, eine Seele den großen Eindruck aus, der durch den Jammer 
und das Stöhnen der umherliegenden Verwundeten von Freund und Feind noch 
ernster und tiefer wurde. So endete dieser Tag als wohl der in seiner Art einzige, 
den, außer betn der Leipziger Schlacht, Soldaten erlebt und große Heere gefeiert 
haben bürsten." Jetzt galt es, den glänzenden Sieg durch Verfolgung 
des Feindes auszunützen. Die Engländer erklärten sich dazu außer¬ 
stande, so thaten es die Preußen unter Gneisenau. In dem Flecken 
Genappe, 4 km von dem Schlachtfelde, setzten sich die Franzosen zur 
Wehr; sowie aber die Preußen Feuer gaben, ließen sie alles im Stich, 
um das Leben zu retten. Unermeßliche Beute fiel dabei in die Hände 
der Preußen. Napoleon selbst verlor seine Kasse, seine Juwelen und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.