Die Nachfolger Kaiser Wilhelms I.
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Armee betraut, und ihm fiel die Aufgabe zu, die Provinz Schlesien
vor einem feindlichen Einfall zu schützen. Im Begriff, mit seiner
Armee die Grenze zu überschreiten, traf ihn die Nachricht von dem
Tode seines jüngsten Sohnes Sigismund.
Unter seinen Augen wurden die Siege errungen, die der großen
Entscheidungsschlacht von Königgrätz vorausgingen. Durch das recht¬
zeitige Eintreffen seiner Armee auf dem Schlachtfelde von Königgrätz
wurde nicht nur die Schlacht gewonnen, sondern auch der ganze Krieg
entschieden. Auf dem Schlachtfelde sahen sich Vater und Sohn wieder;
König Wilhelm schrieb über diese Begegnung an die Königin: „Endlich
begegnete ich noch spät abends acht Uhr Fritz mit seinem Stabe. Welch
ein Moment nach allem Erlebten und am Abend dieses Tages! Ich
übergab ihm selbst den Orden pour le merite; die Thränen stürzten
ihm herab, denn er hatte mein Telegramm mit der Verleihung nicht
erhalten. Also völlige Überraschung."
Als ein Kriegsheld, dessen Ruhm in der preußischen Geschichte
niemals erlöschen wird, kehrte der Kronprinz aus dem österreichischen
Kriege zurück. Aber das Blut, das er gesehen, der Rausch des Sieges,
den er genossen, hatten niemals vermocht, das edle und menschliche
Gefühl in ihm zu ersticken. Als er am Abend der Schlacht bei Kö¬
niggrätz über das mit Toten und Verwundeten bedeckte Schlachtfeld
ritt, sagte er zu dem ihn begleitenden Obersten von Verdi: „Welche
Verantwortung laden die auf ihr Gewissen, welche den Krieg herauf¬
schwören."
Der Einzug der siegreichen Truppen in Berlin am 20. und 21.
September brachte dem Kronprinzen nicht endenwollende Kundgebungen
von Seiten des Volkes.
In den folgenden Friedensjahren führte der Kronprinz wieder
das Kommando des II. Armeekorps. Erholungsreisen oder Reisen, bei
denen es galt, das Ansehen des preußischen Staates zur äußeren Geltung
zu bringen, führten ihn 1867 an den französischen Kaiserhof, 1868
nach Turin zur Teilnahme an den Hochzeitsfeierlichkeiten des Kronprin¬
zen Humbert, 1869 nach Ägypten zur Eröffnung des Suezkanals, mit
welcher Reise der Kronprinz gleichzeitig einen Besuch Griechenlands,
Konstantinopels und des heiligen Landes verknüpfte. Wohin er auch
kam, überall entzückte er durch die ungekünstelte Liebenswürdigkeit seines
Wesens.
Als bewährter Feldherr, auf den die Truppen mit festem Ver¬
trauen und mit begeisterter Verehrung blickten, trat der Kronprinz bei