Full text: Von der Gründung der Mark Brandenburg bis zum Wiener Kongreß (Teil 2)

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15 000 Mann ist das Höchste, was sich an der Weichsel befinden 
kann!" meldeten die „Berlinischen Nachrichten" vom 8. November 
1806, nachdem sie soeben Dabrowskis und Wybickis Proklamation 
an die Polen zur Erhebung gegen Preußen gewissenhaft abgedruckt 
hatten. Der Kammerrat Wislinske, der dem Könige nach dem Osten 
der Monarchie gefolgt war, wird mit heftigen Vorwürfen überhäuft 
und ein Meineidiger genannt. ,,Es ist sonderbar, daß manche 
Menschen so blind sind, sich freiwillig in ihr Verderben zu stürzen", 
setzten die „Berlinischen Nachrichten" vom 30. Dezember 1806 hinzu. 
Die „St. Petersburger Zeitung" vom 16. November hatte der 
preußischen Vaterlandsliebe eine Anerkennung zuteil werden lassen 
und zuversichtlich geschrieben: „Das Mißlingen der Schlachten hat 
die Anhänglichkeit der Preußen an ihren König nicht erschüttert. 
Alle wünschen sie die Fortsetzung des Krieges." Eine so simple 
Anschauungsweise durfte in der Stadt der Aufklärung, die auch 
das eigene Elend vom erhabenen kosmopolitischen Standpunkte herab 
betrachtete, nicht ungerügt bleiben. Haude und Spener beeilten sich, 
die Petersburger Kollegin ob ihres guten Glaubens zu verhöhnen, 
und fügten hinzu: „Alle Preußen wünschen die Fortsetzung des 
Krieges — dies kann man wohl in Petersburgs glauben, aber nicht 
in Berlin!" 
Leider hatte das Blatt damit recht; denn in Berlin dachte 
man durchaus nicht an Widerstand. Kurz zuvor noch hatten die 
Häupter der Stadt gegen die militärischen Übungen, der Truppen 
Einspruch erhoben. Mit bittrem Hohn und „dämonischer Schaden¬ 
freude" wurden die gefangenen Offiziere vom Regiment Gensdarmes 
in den Straßen der Stadt empfangen. Fürst Hatzseldt, der an 
Stelle des mit der ganzen Garnison abgezogenen Gouverneurs, 
Grafen Schulenburg, auf Antrag der Bürgerschaft die Leitung der 
Verwaltung übernommen hatte, weigerte sich, 40 000 neue Gewehre, 
wie der König es befahl, aus dem Zeughause^l^Derlin nach dem 
Osten abzusenden, weil der Stadt „dadurch unabsehbares Unglück 
bevorstände". Dafür wurden alle Vorbereitungen zum Empfange 
des Feindes getroffen, die Büsten des Königs oder Kaiser Alexanders 
beseitigt oder verborgen. 
Wie in ~der Hauptstadt die Behörden das Publikum ermahnten, 
die erste Bürgerpflicht vollkommener Ruhe zu erfüllen, ist männiglich 
besannt, weniger, daß Leipzig mit dem Beispiel vorangegangen war 
und schon am 13. Oktober, noch ehe sich das Glück gegen die Preußen 
und Sachsen entschieden hatte, die „wohldenkende Bürgerschaft" auf¬ 
forderte, nicht nur, sich ruhig zu verhalten, sondern sogar dem Feinde, 
wenn er kommen sollte, durch „eine bescheidene und gutmütige Aus¬ 
nahme" zu Gefallen zu leben. * 
Präsident, Bürgermeister unb Rat von Berlin gingen in ihrer 
Angst unb Sorge so weit, baß General Hulin, der französische 
Gouverneur, sich genötigt sah, ihren Eifer zu zügeln. Die hochwohl-
	        
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