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rung aber hing wieder eng zusammen mit der Lösung der Doppel¬
frage nach dem, Verhältnis der Minister zum Könige und unter¬
einander.
In der Denkschrift vom 27. April 1806 hatte Stein empfohlen,
an die Stelle der bisher fast ausschließlich üblichen schriftlichen Be¬
richterstattung der Minister zu setzen die mündliche Beratung unter
dem Vorsitz des Königs. Hier sollte jeder die zu seinem Geschäfts¬
kreis gehörenden Angelegenheiten vortragen; daran sollte sich die
Abstimmung schließen und nach ihr die Entscheidung des Monarchen
fallen, der auf diese Weise in steter lebendiger Berührung mit der
Gesamtheit der Minister geblieben wäre. Aber Friedrich Wilhelm
hatte, in diesem Punkte mit seinem großen Vorgänger Friedrich II.
übereinstimmend, eine unüberwindliche Abneigung gegen die mündliche
Beratung, die über das Zwiegespräch hinausging. In der entschei¬
denden Verfügung, die er im Dezember 1806 ergehen ließ, wird
scharf unterschieden zwischen den Beratungen des Minister-Konseils,
das er zulassen wollte, und dem Vortrag, den die Minister (einzeln,
wie der Zusammenhang anzunehmen nötigt) ihm halten sollen. Seit¬
dem war die Katastrophe eingetreten und eine Umgestaltung von
Grund aus nötig geworden. War es unter diesen Umständen nicht
besser, das Kollegium gleichberechtigter Minister durch einen allmäch¬
tigen Premier-Minister zu ersetzen? Das war die Meinung von
Altenstein, der in seiner September - Denkschrift empfahl, nur eilten
Minister an die Spitze der ganzen Administration zu stellen, der
stets das Ganze übersehen und überall teils direkt, teils indirekt
kräftig einwirken könne; er wollte neben ihm den einen oder den
andern Minister zulassen, die jedoch so gestellt werden sollten, daß
jener mit Recht Premier-Minister genannt werde. Aus der Ant¬
wort, die Stein erteilte, ging hervor, daß er keiner der politischen
Formen an sich eine besondere Heilkraft zuschrieb. Er bekannte sich
zu der Meinung, daß für das von Altenstein verurteilte General-
Direktorium sich doch vieles sagen lasse; das meiste habe an den
Personen, weniger an der Verfassung gelegen; auch in Zukunft
werde alles von einer guten Wahl der Personen abhängen; sei diese
unglücklich, so hülfen die Geschäftsformen wenig: „Hindern können
sie vieles, aber nichts darstellen". So erklärte er denn auch, die
Frage, ob Kollegium oder Diktatur, sei je nach dem zu entscheiden.
Durch die Ernennung eines Ersten Ministers werde mehr Kraft und
Einheit gewonnen, aber eine Folge der Beschränktheit menschlicher
Kräfte sei, daß die Fehler des Individuums einen zu überwiegenden
Einfluß auf die Geschäfte erhielten; die kollegialische Behandlung
sichere einen steteren Gang, der frei von Übereilungen sei, und be¬
wirke eine größere Mannigfaltigkeit in den Ansichten. „Einem
Manne", dahin refolvierte er sich, „übertrage man die Umformung
der Regierungsverfassung; ist dieses bewirkt, so übertrage man die
Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten einem Staatsrat, der