Full text: Von der Gründung der Mark Brandenburg bis zum Wiener Kongreß (Teil 2)

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unter dem überwiegenden Einfluß eines Präsidenten steht. Die 
Frage nach dem Verhältnis des Königs zu diesem „Staatsrat" be¬ 
rührte er hier nicht, aber aus einem Bericht, den er alsbald erstattete, 
erhellt, daß Friedrich Wilhelm auch jetzt das Präsidium im Minister- 
Konseil ablehnte. Hierin mußte ihm nun Stein wohl ober Übel 
nachgeben, ohne daß er die Hoffnung auf eine spätere Sinnesände¬ 
rung des Königs fallen ließ. Jetzt aber war es erst recht Har, 
daß, wenn der Mittelpunkt der obersten Verwaltung nicht in einem 
vom Staatsoberhaupt geleiteten Kronrat gesunden werden konnte, 
er durch Machtvermehrung eines einzelnen Ministers zu suchen war. 
Sie wurde nun durch den Organisations-Plan bewirkt. Die 
wichtigste der Machtbefugnisse, die hier dem Ersten Minister zuge¬ 
sprochen wurden, betraf den Vortrag im Kabinett: Der König sollte 
ihm alle eingekommenen Sachen zur Verteilung übergeben. In 
diesem Satze war der Sieg Steins über Friedrich Wilhelm III. und 
der Untergang der alten friderizianischen Verwaltung gewissermaßen 
kodifiziert; bis zuletzt hatte Friedrich Wilhelm im Spätjahr 1806 
an seinem Verteilungsrecht festgehalten, und wie nachdrücklich hatte 
Friedrich II. allezeit, das echte Bild Richelieus und das Zerrbild 
Schwarzenbergs vor Augen, seine Nachfolger vor der Vormundschaft 
eines Premier-Ministers gewarnt. Nur eine Ausnahme macht der 
Organisations-Plan: Beschwerden über diesen Minister selbst teilt 
der König einem der andern Minister zum Vortrag zu. Der Erste 
Minister wohnt allen Vorträgen der übrigen Minister und erst recht 
denen feiner Untergebenen bei; als solcher wird ausdrücklich der 
Kabinettsrat bezeichnet, welcher nur die ihm vom Minister zugeteilten 
Sachen vorträgt, sonst, zusammen mit einigen Kabinettssekretären, 
die höheren Schreibergeschäfte versieht. Der Erste Minister hat aber 
auch den Vorsitz in den Beratungen der höchsten Beamten des 
Staats, die in der Regel allwöchentlich und außerdem, so oft er es 
für erforderlich hält, stattfinden; denn überall soll an die Stelle der 
bisher üblichen, zeitraubenden schriftlichen Korrespondenz die münd¬ 
liche Aussprache und Beschlußfassung treten. Er gibt dort, falls 
Stimmengleichheit entsteht, den Ausschlag. Er muß endlich über 
die Verhandlungen in den übrigen Ministerien aus dem laufenden 
erhalten werden, er nimmt an ihnen geradezu teil, wenn sie sich auf 
das Ganze der Monarchie überhaupt oder auf die inneren An¬ 
gelegenheiten insbesondere beziehen. Besonders streng war das Ab¬ 
hängigkeitsverhältnis , in das der Minister der auswärtigen Ange¬ 
legenheiten gesetzt wurde: er sollte dem Ersten Minister von allen 
erheblichen Ereignissen seines Ressorts und von den eingegangenen 
wichtigen Depeschen Nachricht geben, letztere ihm mitteilen und mit 
ihm über alles dieses Rücksprache nehmen, sogar noch bevor er es 
dem König vortrug. Freier war die Justiz gestellt, doch blieb auch 
hier der Einwirkung des Ersten Ministers ein weiter Raum. Keinen 
Anteil sollte er haben an der Aufsicht auf die Rechtspflege und an
	        
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