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bei derjenigen Macht einen Rückhalt, die sich anschickte, ihn zu be¬
rauben: bei Schweden. Zu klar am Tage lag ja für die Schweden
das Interesse, sich in dem Augenblick, da sie sich auf deutschem
Boden festsetzten, mit dem jetzt mächtigsten und tatkräftigsten prote¬
stantischen Fürsten nicht tödlich zu verfeinden; ihr Ziel war daher,
den Erwerb Pommerns tn erner friedlichen Auseinandersetzung mit
hem Brandenburger zu erzielen. Gleich ihnen fühlte aber auch
Frankreich das Bedürfnis, die emporsteigende Fürstenmacht, die vor
allen andern dem Kaiser und dem Hause Österreich die Wage zu
halten berufen schien, jetzt nicht niederzuwerfen, sondern sich zum
Freunde zu machen; und wie zugleich bei den Franzosen die alte
Eifersucht gegen ein zu mächtiges Anwachsen des schwedischen Ver¬
bündeten wieder hervorbrach, so wurde die Vermittlung eines Aus¬
gleichs zwischen den brandenburgischen und schwedischen Ansprüchen
eine wichtige Aufgabe ihrer Politik. Zu ähnlichen, wenn auch matter
betätigten Bestrebungen fühlte sich endlich auch der Kaiser gedrungen:
er wollte den Dank der Schweden durch halbe Unterstützung ihrer
pommerschen Ansprüche gewinnen, aber er wollte auch den Kurfürsten
nicht in die äußerste Opposition treiben und seine Ansprüche nicht
von PommenTgeprY Schlesien wenden.
Bei dieser zwischen Brandenburg und dem Kaiser so ungleich
verteilten Gunst und Ungunst der Lage war der Kaiser der erste,
der sich seinem Gegner näherte. Am 2. März ermächtigte er den
Grafen Trautmannsdorf, dasjenige, was den Kern der offen erklärten
französischen Forderungen ausmachte, nämlich die österreichischen
Lande und Hoheitsrechte im Elsaß, unter bestimmten Bedingungen
preiszugeben. Die demgemäß aufzuopfernden Lande bestanden in
einem die größere Masse des südlichen Oberelsaß ausfüllenden Terri¬
torium, nämlich ber Landgrafschaft,,Oberelsaß nebst dem Sundgau,
weiter einigen kleinen, zum Teil mit ber Lanbvogtei verbundenen
Gebieten in Unterelsaß; die Hoheitsrechte waren befaßt in dem im
Jahre 1558 an das Haus Österreich gekommenen Reichsamte der
Landvogtei Hagenau, welche sich über die Elsässer Reichsstädte, mit
Ausnahme von Straßburg, der Zahl nach zehn von teils mittlerem,
teils kleinerem Zuschnitt, erstreckte. Der sehr ärmliche Inhalt dieser
Rechte bestand der Hauptsache nach in der Beaufsichtigung der Rats¬
wahlen, der Einnahme der kleinen, jährlichen Reichssteuern der Städte
und der Ernennung des Hagenauer Schultheißen, der in der Stadt
die hohe Strafgerichtsbarkeit ausübte.
Am 14. April 1646 machten die Kaiserlichen ein diesen Auf¬
trägen entsprechendes Angebot, und sechs Wochen später (26. Mai)
entschieden sie die dabei hervorgetretene Nebenfrage, ob die betreffen¬
den Gebiete und Rechte im Staatsverband des Reiches bleiben oder
unbeschränkt an die französische Krone fallen sollten, im letzteren
Sinne. Als Entgelt für dieses Entgegenkommen ließen darauf die
Franzosen die Forderung der Waldstädte und der Hauptmasse des