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Von Anhalt, der alte Derfflinaer und andere zu einer entschieden
franzosenfeindlichen Partei zusammenschlossen, so waren^ Hof und /
Regierung dauernd gespalten und Einheit und Konsequenz der
Pvlitik unmöglich gemacht. Wenn die Gegner Frankreichs auch den
Kurprinzen zu den Ihren zählen sollten, so war das wenigstens
insofern ohne Belang, als von einer politischen Betätigung des
kränklichen, scheuen Jünglings, der dem Vater und den Geschäften
fern stand und die Stiefmutter fürchtete, überhaupt nicht die
&ebe war.
Von allen Motiven aber, die den Kurfürsten das Heil in der
Allianz mit Frankreich suchen ließen, wirkte am stärksten die Hoffnung,
nach dem Zerfall des bereits erschütterten Bündnisses zwischen Frank¬
reich und Schweden Pommern zu gewinnen- Bereits als 1680
infolge' seiner Kapereien der Krieg mit Spanien drohte, dachte er
sich mit Hilfe Frankreichs Gelderns zu bemächtigen, und eilte deshalb
die bereits eingeleitete neue Defenfiv-Allianz mit Ludwig XIV. zum
Abschluß zu bringen. Am 11. Januar 1681 unterzeichnet, bedeutete
sie einen weiteren Schritt vorwärts in die französische Dienstbarkeit.
Der Kurfürst erkannte den bisher verworfenen Nymwegener Frieden
an, freilich ohne seine Ansprüche an die hinter ihren Verpflichtungen
zurückgebliebenen ehemaligen Alliierten aufzugeben, und verband sich
mit Frankreich zu gegenseitiger Waffenhilfe gegen jede Besitzstörung,
auch für den Fall, daß der die Hilfe heischende Teil den Angriff
eines Dritten seinerseits verschuldet haben sollte. Provozierte also
Frankreich durch neue Übergriffe einen Krieg, so war Brandenburg
gehalten, ihm Hilfe zu leisten — ein Verhältnis, das von der
Heeresfolgepflicht des Vasallen kaum noch zu unterscheiden war, wie
der Kurfürst denn auch durch einen Geheimartikel ausdrücklich darauf
verzichtete, über sein Land in bezug auf Durchmarsch, Quartier,
Proviant usw. zugunsten anderer Fürsten oder auch nur des Reiches
zu verfügen. Was ihm dagegen gewährt wurde — Beihilfe zur
Beseitigung der Hindernisse, die der Heirat seines jüngsten Sohnes
erster Ehe, des Markgrafen Ludwig, mit der Prinzessin Luise Radzi-
will in Polen bereitet wurden, und zur Erwerbung der oranischen
Erbschaft — wog solche Verpflichtungen nicht auf. Entscheidend war
wieder das finanzielle Moment: die zehn Jahre, auf die das Bündnis
geschlossen wurde, sollte Frankreich jährlich 100 000 Taler zahlen.
Das ermöglichte ihm die Erhaltung der Armee und die Benutzung
des ersten günstigen Augenblicks, um für das im Jahre 1679 Ent¬
gangene Ersatz zu gewinnen.
Aber es war ein. Irrtum, wenn der Kurfürst glaubte, Frank¬
reich werde ihm jemals ernstlich dazu behilflich sein, und die Erfah¬
rungen, die er mit diesem Protektor machen sollte, waren zum min¬
desten so übel wie die, welche ihm früher die Unzuverlässigkeit seiner
natürlichen Verbündeten bereitet hatte. Und lag nicht ein beinahe
tragisches Verhängnis darin, daß er in der Jagd nach diesem doch
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