Full text: Von der Gründung der Mark Brandenburg bis zum Wiener Kongreß (Teil 2)

Finanzverwaltung, gerechte Handhabung der Polizei zu gewöhnen. 
Denn sie verstanden die Autonomie nur dahin, keine Zinsen von 
ihren Schulden zu zahlen, alle «Steifen, alle Verpachtungen, alle 
Vergebung von Kontrakten für' die Ratsfamilien und ihre Freunde 
auszunutzen. Es mußte die Gesellschaft, bie immer leicht in ber 
einseitigen Verfolgung materieller egoistischer Interessen aufgeht, bie 
damals mehr als je der staatlichen Lasten und Pflichten entwöhnt 
war, wieder einer strengen „staatlichen Schule unterworfen werden, 
wenn es je in Deutschland wieder besser werden sollte. Die höchste 
ideale Forderung. welche wir an den Staat stellen, eine Stätte 
bürgerlicher und politischer Freiheit, ein Gemeinwesen von freien 
Bürgern mit rechtlich geordneter Teilnahme aller an demselben sein, , 
— diese Forderung hat zu ihr^r notwendigen Voraussetzung: eine 
staatliche Gewöhnung der Nation, ein durch 'strengen Zwang zu 
patriotischen Pflichten und staatlichen Anschauungen erzogenes Volk. 
Man rühmt, daß unter Friedrich Wilhelm I. die Armee von 
38OOO auf 80 000 Mann gewachsen fei, daß der preußische Staat , 
1740 an Fläche der zehnte, an Bevölkerung der dreizehnte euro-, 
päifche Staat, nach feiner militärischen Macht der dritte bis vierte 
war. Aber nicht der militärische Anstrich des Staates, nicht die > 
Truppenzahl an sich war das Wichtigste, sondern der Geist, die 
Zucht, die technische Ausbildung dieser Armee, däs^Dffizierkorvs. das 
sie kommanbierte, Tie Verknüpfung ber Armee mit bem Volke, mit 
bem Abel bes Lanbes, baF war das'Wichtigere; diese geistig sittlichen 
Potenzen haben Friedrich dem Großen ermöglicht,. Schlesien zu 
erobern und den Siebenjährigen Krieg auszuhalten. 
Man rühmt den Staatsschatz von sieben Millionen Talern, 
den der König 1740 hinterließ, man rühmt die Einträglichkeit der ' 
Steuern; aber wichtiger war die aerechte Verteilung. ^Entlastung 
der untern Klaffen von standifch^eudälemDruck, der"wachsende 
Wohlstand der Bauern und des kleinen Bürgertums, welche die 
Möglichkeit wachfenber Steuererhebung gewährten: die Ordnung im 
Staatshaushalt, bie Integrität ber Beamten; wichtiger war der 
patriotische Sinn, ber bas Volk bie Lasten im stolzen Gefühle auf 
bie Größe und den Wert dieses Staates leichter tragen ließ. 
Man rühmt die Schaffung der preußischen Bureaukratie, die£^ 
Einrichtung des Bearntenstaates. Und doch hat jeder Bearntenftaat 
feine schweren Mißstände, wir suchen jetzt in mancherlei ärgerlichen 
Auseinandersetzungen feine Unarten loszuwerden. Das Glück war 
nicht der Bearntenftaat an sich — der Fortschritt lag darin, daß 
eine Gesellschaft von lauter nur an jtch denkenden Individuen unter 
die Leitung einer Anzahl entschlossener Träger des monarchischen 
Staatsgedankens gestellt, daß dadurch das ganze Volk erzogen 
wurde; er liegt für die Gegenwart darin, daß der politische Sinn, 
die pflichttreue, opferbereite Hingabe an den Staat von-drir Beamten-
	        
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