Amerika als Ganzes. — Pflanzen- und Tierleben.
311
Alle trockenen Gebiete Amerikas zeichnen sich durch die
schluchtenförmige, cañón artig e Bildung der Täler aus. Der
Colorado hat das großartigste Cañontal, das auf Erden bekannt
geworden ist, gebildet, indem er sich über 1600 m tief in die
fast wagerecht liegenden Schichten des Colorado-Plateaus ein¬
geschnitten hat. Ein lehrreiches Beispiel rückwärtsschreiten¬
der Bildung eines Durchbruchstales zeigt der Niagara-
Fluß, und das seltene Beispiel einer Bifurkation oder Flu߬
gabelung zeigen Amazonenstrom bezw. Rio Negro und Orinoco,
die durch den Casiquiare in Verbindung stehen.
e) Pflanzen- und Tierleben.
Wie die Klimazonen, so wechseln auch die Vegetations¬
formen Amerikas nicht bloß von N nach S, sondern auch yon 0
nach W. Der Erdteil besitzt zwei große Waldgebiete, das
nordamerikanische, das sich in der Breite der Kanadischen
Seen als ein breites Band nach W zieht und sich durch die große
Zahl der Gattungen und Arten der Holzgewächse auszeichnet,
ferner in Südamerika das größte Urwaldgebiet der Erde.
Wie durch die große Verbreitung dieser letztern Vegetationsform,
die auch in Mittelamerika vorherrscht, Amerika Afrika ähnelt, so
auch durch die riesig ausgedehnten, den Savannen ähnlichen Gras¬
steppen der Prairien, Llanos, Campos und Pampas. Diese trock¬
nen Gebiete, die im allgemeinen baumärmer als die afrikanische
Savanne und streckenweise ganz baumlos, also völlig steppenartig
sind, durchziehen fast den ganzen Erdteil in der Mitte von N nach
S, wobei bloß der nördliche Teil Nordamerikas und in Südamerika
die Niederung des Amazonenstromes ausgeschlossen bleiben. Da¬
gegen hat Amerika bei weitem nicht so große Wüsten¬
gebiete wie Afrika und auch Asien; größere Sandwüsten fehlen
eigentlich ganz. Als wüstenartige Gebiete sind jedoch die West¬
küste Südamerikas vom 32.° bis zum 4.° S, ferner das Große Becken
Nordamerikas und manche Strecken sowohl des Hochlandes als
auch der tiefgelegenen Steppen zu bezeichnen.
Dem Ti erleb en Amerikas fehlen die großen Dickhäuter,
sowie die großen Raubtierarten Afrikas und Asiens. Die Haupt¬
vertreter der letztern sind neben dem Bären Puma und Jaguar.
Lama und Vikuña ersetzen in den Anden Südamerikas, wo der
größte Raubvogel, der Kondor haust, das Kamel. In den Gras¬
steppen Südamerikas leben Herden von verwilderten Pferden und
Rindern, während der Büffel Nordamerikas fast ausgestorben ist.
Der hohe Norden von Nordamerika ist reich an Pelztieren, während
in den tropischen Waldgebieten Südamerikas neben dem Tapir
Affen, Schlangen, Papageien und in den tropischen Gewässern die
Kaimans oder Alligatoren, die den Krokodilen Afrikas entsprechen,
häufig sind.