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nicht ohne sie durch eine Division des 3. Korps wieder zu ersetzen.
Die preußische Kavallerie-Division wurde daher von so überwältigen¬
dem Infanterie- und Artilleriefeuer empfangen, daß sie Halt machte
und dann im ruhigen Tempo zurückging, gedeckt durch zwei Ulanen-
Schwadronen, welche zu verschiedenen Malen wieder Front machten.
Sonach war sie nicht zur Attacke gekommen, aber doch für die
Artillerie Zeit und Möglichkeit gewonnen zu weiterem Vorgehen in
eine Linie von der Waldspitze bis Flavigny.
Es war zwei Uhr geworden. General v. Alvensleben hatte
über das Mißverhältnis der Kräfte den Gegner getäuscht, indem er
unausgesetzt angriffsweise verfuhr. Aber jetzt kam die Bewegung
zum Stehen, die Bataillone waren sichtlich zusammengeschmolzen,
ihre Kräfte im vierstündigen Kampf erschöpft, die Jnfanteriemunition
nahezu verschossen. Hinter der ganzen im Feuer stehenden Gesechts-
linte befand sich kein Bataillon, keine Batterie mehr in Reserve. Es
galt nun, die blutig errungenen Erfolge verteidigungsweise zu be¬
haupten.
Ganz besonders gefährdet war dabei der linke Flügel, welchem
gegenüber eine mächtige Artillerie sich an der Römerstraße entwickelt
hatte. Die große Überlegenheit der Zahl gestattete den Franzosen,
sich mehr und mehr nach rechts auszudehnen, wodurch sie mit völliger
Umfassung drohten.
In ihrem Zentrum hatte Marschall Canrobert den richtigen
Augenblick erkannt, um mit aller Macht gegen Bionville vorzu¬
brechen. Auf deutscher Seite war in diesem kritischen Augenblick
nur noch ein geringer Teil der 5. Kavallerie-Division verfügbar.
Zwei Brigaden derselben halten den Schutz der linken Flanke über¬
nehmen müssen, und auch von der hinter Bionville verbliebenen
12. Brigade waren zwei Schwadronen nach den Tronviller Büschen
entsendet. Die beiden Regimenter — Magdeburgische Kürassiere und
Altmärkische Ulanen — zählten mithin jedes nur drei Schwadronen,
zusammen 800 Pferde, als sie den Befehl erhielten, dem anrückenden
Feind entgegenzutraben.
General von Bredow durchzog zunächst in Kolonne die von
Bionville sich herabsenkende Mulde, schwenkte dann rechts ein und
überschritt, beide Regimenter in einer Front, den östlichen Abhang.
Alsbald vom heftigsten Artillerie- und Jnsanteriefeuer empfangen,
wirft er sich auf die feindlichen Reihen. Ein erstes Treffen ist
durchritten, die Geschützlinie durchbrochen, Bedienungsmannschaften
und Bespannung werden niedergehauen. Auch eine zweite französische
Linie vermag diesen Ansturm nicht aufzuhalten, und selbst die ent¬
fernter stehenden französischen Batterien protzen zum Abfahren auf.
Aber Siegesfreude und Ungestüm reißen die kleine Reiterschar weiter
fort, und nach einer Attacke von 3000 Schritt sieht sie sich umringt
durch die von allen Seiten herbeieilende französische Kavallerie. Ein
zweites Treffen ist zur Aufnahme nicht zur Stelle, und nach Einzel-
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