Full text: Von der Urzeit bis zum Dreißigjährigen Kriege (Teil 1)

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rungen, aller Einheit und Einheitlichkeit abhold, zeigt auch in dieser 
Hinsicht die größte Mannigfaltigkeit. Die Städte desselben Terri¬ 
toriums bieten oft das bunteste Bild. Die Mannigfaltigkeit betrifft 
den Kreis der Reichsstädte wie den der Landstädte. Man darf sich 
nicht etwa jene als die selbständigen, diese als die abhängigen 
Kommunen vorstellen. Der König besitzt in manchen Reichsstädten 
größere Rechte als in manchen Landstädten der Landesherr. In 
manchen Reichsstädten üben überdies auch noch Landesherren Be¬ 
fugnisse aus. So mannigfaltig aber die Verhältnisse der einzelnen 
Städte sind, das Streben nach politischer Selbständigkeit ist allen 
eigen. 
Wie wenig sich die politische Unabhängigkeit auf die Reichs¬ 
städte beschränkt, zeigt besonders der große Anteil, den die Landstädte 
an den Städtebünden des Mittelalters gehabt haben. Diese, schon 
an sich ein sprechender Beleg für die kommunale Selbständigkeit, 
sind in der Zeit vom dreizehnten bis zum fünfzehnten Jahrhundert 
so häufig gewesen, daß eine Aufzählung unmöglich wäre. Die 
berühmtesten sind der Rheinische Bund von 1254, der Schwäbische 
aus der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts und die Hanse. 
An dem Rheinischen sind Gemeinden, die später als Landstädte 
bekannt sind, in großer Zahl beteiligt; zu seiner Zeit war übrigens 
noch nicht ein fester Kreis von Reichsstädten abgegrenzt. Der 
Schwäbische Bund ging von Reichsstädten aus und kann am ehesten 
als eine reichsstädtische Vereinigung bezeichnet werden, nahm aber 
doch auch einige andre Städte auf. Die Hanse setzt sich ganz 
überwiegend aus Landstädten zusammen. 
Die Ziele, die sich diese Bünde setzen, sind für die Stellung 
der deutschen Städte überaus lehrreich. Bedeutende Zwecke verfolgt 
der Rheinische Bund. Durch die ungeordneten Verhältnisse der 
Zeit hervorgerufen, erstrebte er Herstellung des Landfriedens und 
nahm Stellung zur Königswahl. Sein ursprünglicher und Haupt¬ 
zweck lag auf dem Gebiet der spezifisch städtischen Interessen; es 
war die Beseitigung der unrechtmäßigen Rheinzölle. Die Zollstätten 
des Mittelalters, bei der Unzahl selbständiger Territorien an un¬ 
zähligen Punkten den Verkehr hindernd, waren für den Kaufmann 
auch deshalb ganz besonders drückend, weil sie nicht etwa vornehmlich 
an den Grenzen (wie heute), sondern überall, wo man nur den 
Handel am sichersten treffen zu können glaubte, errichtet wurden. 
Der Schwäbische Bund hatte recht eigentlich die Bewahrung der 
Unabhängigkeit der Städte gegen die Landesherren zum Zweck. Das 
Ziel der Hansa war der Schutz des deutschen Kaufmanns im Aus¬ 
lande und die Erweiterung seiner merkantilen Stellung; sie erstrebte 
für ihn Handelsfreiheiten und Handelsvorrechte. Von den zahlreichen 
kleineren Städtebünden verfolgt der eine mehr diesen, der andere 
mehr jenen Zweck.
	        
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