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scheide mit betn Wesergebiete war in keltischen Händen. Ja, vielleicht
saßen damals die Kelten noch weiterhin nach Osten bis ins westliche
Lanb bet Werra unb Fulda, bis in bie (Segenb von Göttingen unb
Hilbesheim: beim auch hier ftnben sich noch heute ihrem Wesen nach
keltische Namen, besonbers Bezeichnungen rinnenber Wässer, boch
erscheinen sie schon außerorbentlich früh in germanische Form ge¬
gossen.
Die Stammsitze ber Nation lagen jebensalls jenseits bteser
Grenzen, im Osten, an Elbe unb Ober, bis zur Weichsel. Auf biese
Gegenben bezieht sich auch bie älteste auf uns gekommene Schilberung
unseres Vaterlanbes. Um 90 v. Chr. beschreibt Poseibonios bas
Lanb als schattig unb walbreich, ber Sonne nirgenbs sehr zugäng¬
lich wegen ber Tiefe unb Dichtigkeit ber Forsten, bie sich süblich bis
zum Urwalbgürtel ber beutschen Mittelgebirge hinstrecken, unb er
spricht ihm ein Klima zu, bas es verständlich mache, wie Homer in
Kenntnis bteser Gegenben bie fabelhafte Schilberung feines Schatten¬
reiches ber Toten habe entwerfen können.
Über jene Zeiten hinaus, welche Poseibonios schilbert, Pytheas
anbeutet, führt keine schriftliche Quelle in bie Werbezeit unseres
Volkes. Gleichwohl ist es ber Forschung ber Gegenwart möglich, \
auf bern Wege mittelbarer Schlüsse weiter zu gelangen. Wo ber
Munb bes Geschichtsschreibers verstummt, ba öffnen sich bie Gräber
unb reben, unb bie Wissenschaft ber Prähistorie entnimmt ihrem
Inhalt eine Fülle sicherer Kenntnis.
Auf vorgeschichtlichem Gebiete spricht man gern von einer
Knochen- unb Steinzeit, einer Kupfer- unb Bronzezeit, einem Zeit¬
alter bes Eisens. Die Reihe ber Zeitalter pflegt babei als unver¬
brüchlich, als Stufenfolge einer von jeber Nation zu burchlaufenben
Elementarbilbung ber Kultur zu gelten. Das ist eine falsche Vor¬
stellung.
Für bie norb- unb mitteleuropäischen Völker inbes unb be¬
sonbers auch für bie Germanen war zweifelsohne mit bem Übergang
namentlich vom Steinzeitalter zur Metallzeit ein wesentlicher Auf¬
schwung ber Kultur verbunben. Die Erinnerung hieran hallt noch
in ben ältesten germanischen Anschauungen über Metall unb
metallurgische Dinge wieber. Das Schmiebewerk erscheint als von
gewaltigen übermenschlichen Wesen erfunben, balb von ben Zwergen
ober Elben, ben Hütern ber unterirdischen Schätze, balb von ben
Riefen, in beren Welt ber Eisenwalb liegt, bie grob breinschlagen
mit stählerner Stange. Selbst göttlicher Teilnahme scheint bie ,
Schmiede nicht unwert:
Die Äsen einten sich auf dem Jdafelde,
Haus und Heiligtum hoch sich zu wölbest,
Erbauten Eisen und schmiedeten Erz,
Schufen Zangen und schön Gezäh.
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