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mühungen Kronbergs und anderer Freunde in Böhmen, dessen
Nachbarschaft, seit den Hussitenkriegen als eine stete Bedrohung des
Reichs empfunden, im Landshuter Erbfolgekrieg sich aufs neue
gefährlich gezeigt hatte, blieben so gut wie fruchtlos; auch in
Frankreich scheint Sickmgen vergebens um Hilfe geworben zu haben.
Mit einem Male sah er sich Ende April 1523 in seiner Feste
Landstuhl von der Hauptmacht der drei Fürsten eingeschlossen;
Landgraf Philipp, von Rachegedanken gegen seinen alten Bedränger
erfüllt, war in der zerhauenen Tracht der Landsknechte überall
unter den Vordersten. Sickingen, der doch selber seine Feldzüge
mit den neuen Hauptwaffen, mit Fußvolk und Artillerie geführt
hatte, verließ sich auf die Lage und die neuen Befestigungen seiner
Burg; am ersten Tag der Beschießung lag bereits der große Turm
mit seinen zwanzig Schuh dicken Mauern in Trümmern. Ein paar
Tage später schlug ein Schuß neben dem Schloßherrn selbst ein;
das Stück eines zerschmetterten Balkens rieß ihm die ganze Seite
auf und der todwunde Mann mußte nun in einem kugelsichern
dunkeln Felsengewölbe von fern dem Zerstörungswerk lauschen,
welches bei dem „unchristlichen Schießen" der Gegner rasch genug
der Vollendung entgegenging. „Wiewohl mich die Stein ein wenig
geschlagen", so schrieb er noch hoffend mit eigner Hand an einen
Vertrauten, „schabt’ es mir doch nichts." Aber bald wußte er, daß
auf keine Hilfe mehr zu rechnen, und er selber nicht lang der Fürsten
Gefangener sein werde. Er soll, wie Butzer berichtet, stets gebetet
habeni Gott möge ihn nichts Unrechtes unternehmen lassen, wenn
es aber doch geschehe, ihn von der Erde vertilgen. Statt seine
Getreuen nutzlos zu opfern, entschloß er sich zur Kapitulation. Am
7. Mai traten die fürstlichen Sieger an das Lager des Sterbenden,
der beim Anblick seines alten Lehensherrn, des Pfalzgrafen, ehrer¬
bietig das Haupt entblößte und sich aufzurichten suchte. Der Pfalz¬
graf wehrte freundlich ab, während der Erzbischof Richard und nach
manchen Berichten auch der junge Landgraf sich nicht versagen
konnten, dem Besiegten diese schwere Stunde durch Vorwürfe noch
schwerer zu machen. Sickingens alter Trotz leuchtete noch einmal
auf, als er dem Trierer die Antwort gab: „davon wäre viel zu
reden; nichts ohne Ursache". Kurz nachdem die Fürsten das Ge¬
wölbe verlassen hatten, verschied der gefürchtete Kriegsmann, erst
42 Jahre alt. Großes hatten ihm in seiner Geburtsstunde die
Sterne verkündet; Fürstenhut oder Königskrone schienen nicht im
Unerreichbaren zu liegen und in jenem kecken Vers, dessen Anfangs¬
worte: „Franz heiß ich, Franz bin ich, Franz bleib' ich" so sieg¬
verheißend klangen, hieß es am Schluß: „nun lugent, welcher bis
Jahr Kaiser sei". Fürstlicher Luxus hatte ihn auf der Ebernburg
umgeben. Jetzt ward sein Leichnam, in eine alte Kiste gezwängt
und kaum von ein paar Leuten begleitet, drunten in Landstuhl zur
Ruhe gebracht.