Full text: Von der Urzeit bis zum Dreißigjährigen Kriege (Teil 1)

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mühungen Kronbergs und anderer Freunde in Böhmen, dessen 
Nachbarschaft, seit den Hussitenkriegen als eine stete Bedrohung des 
Reichs empfunden, im Landshuter Erbfolgekrieg sich aufs neue 
gefährlich gezeigt hatte, blieben so gut wie fruchtlos; auch in 
Frankreich scheint Sickmgen vergebens um Hilfe geworben zu haben. 
Mit einem Male sah er sich Ende April 1523 in seiner Feste 
Landstuhl von der Hauptmacht der drei Fürsten eingeschlossen; 
Landgraf Philipp, von Rachegedanken gegen seinen alten Bedränger 
erfüllt, war in der zerhauenen Tracht der Landsknechte überall 
unter den Vordersten. Sickingen, der doch selber seine Feldzüge 
mit den neuen Hauptwaffen, mit Fußvolk und Artillerie geführt 
hatte, verließ sich auf die Lage und die neuen Befestigungen seiner 
Burg; am ersten Tag der Beschießung lag bereits der große Turm 
mit seinen zwanzig Schuh dicken Mauern in Trümmern. Ein paar 
Tage später schlug ein Schuß neben dem Schloßherrn selbst ein; 
das Stück eines zerschmetterten Balkens rieß ihm die ganze Seite 
auf und der todwunde Mann mußte nun in einem kugelsichern 
dunkeln Felsengewölbe von fern dem Zerstörungswerk lauschen, 
welches bei dem „unchristlichen Schießen" der Gegner rasch genug 
der Vollendung entgegenging. „Wiewohl mich die Stein ein wenig 
geschlagen", so schrieb er noch hoffend mit eigner Hand an einen 
Vertrauten, „schabt’ es mir doch nichts." Aber bald wußte er, daß 
auf keine Hilfe mehr zu rechnen, und er selber nicht lang der Fürsten 
Gefangener sein werde. Er soll, wie Butzer berichtet, stets gebetet 
habeni Gott möge ihn nichts Unrechtes unternehmen lassen, wenn 
es aber doch geschehe, ihn von der Erde vertilgen. Statt seine 
Getreuen nutzlos zu opfern, entschloß er sich zur Kapitulation. Am 
7. Mai traten die fürstlichen Sieger an das Lager des Sterbenden, 
der beim Anblick seines alten Lehensherrn, des Pfalzgrafen, ehrer¬ 
bietig das Haupt entblößte und sich aufzurichten suchte. Der Pfalz¬ 
graf wehrte freundlich ab, während der Erzbischof Richard und nach 
manchen Berichten auch der junge Landgraf sich nicht versagen 
konnten, dem Besiegten diese schwere Stunde durch Vorwürfe noch 
schwerer zu machen. Sickingens alter Trotz leuchtete noch einmal 
auf, als er dem Trierer die Antwort gab: „davon wäre viel zu 
reden; nichts ohne Ursache". Kurz nachdem die Fürsten das Ge¬ 
wölbe verlassen hatten, verschied der gefürchtete Kriegsmann, erst 
42 Jahre alt. Großes hatten ihm in seiner Geburtsstunde die 
Sterne verkündet; Fürstenhut oder Königskrone schienen nicht im 
Unerreichbaren zu liegen und in jenem kecken Vers, dessen Anfangs¬ 
worte: „Franz heiß ich, Franz bin ich, Franz bleib' ich" so sieg¬ 
verheißend klangen, hieß es am Schluß: „nun lugent, welcher bis 
Jahr Kaiser sei". Fürstlicher Luxus hatte ihn auf der Ebernburg 
umgeben. Jetzt ward sein Leichnam, in eine alte Kiste gezwängt 
und kaum von ein paar Leuten begleitet, drunten in Landstuhl zur 
Ruhe gebracht.
	        
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