1. Alarich mid die Westgoten. 119
bis er, ber größte unb einflußreichste aller Kirchenväter, währenb ber 430
Belagerung ber Stabt burch bie Vanbalen verschieb. Von seinen
zahlreichen Schriften, bie sämtlich eine tiefe Kenntnis bes mensch¬
lichen Herzens unb eine alles bewältigenbe Siebe zu Gott enthalten,
sinb am berühmtesten seine „Bekenntnisse", worin er seine ganze
innere Vergangenheit unverhüllt barlegt. Durch seine Ansicht, baß
ber Wille bes Menschen von Natur unfrei sei unb seine Bekehrung
einzig von ber Gnabe Gottes abhänge, würbe er ber Begründer ber
Lehre von ber Erbsünde unb von ber Gnabenwahl (Prädestination),
nach welcher bie einen von Ewigkeit her zur Seligkeit, bie anbeten zur
Verbammnis bestimmt sinb.
X. Die Völkerwanderung.
1. Alarich und die Westgoten.
Im Jahre 375 erschienen an ben Ufern ber Wolga bie Hunnen, 375
ein Hirtenvolk mongolischer Abkunft, bas in ben Steppen Hochasiens
gewohnt hatte. Sie stießen zuerst auf die Alanen, bie teils zur
Flucht, teils zur Unterwerfung genötigt würben. Mit Unruhe unb
Schrecken blickten bie zwischen Don unb Dniestr wohnenden Ostgoten
auf ben furchtbaren Feiub, unb ihr (ber Sage nach mehr als
huubertjähriger) König Ermanarich gab sich, an bem 'glücklichen
Ausgange des bevorstehenden Kampfes verzweifelnd, selbst den Tod.
Sein Nachfolger wagte eine Schlacht, sie endete mit der Niederlage
der Goten. Der König und die Besten seines Heeres bedeckten die
Walstatt; die Überreste retteten sich in die Karpathen und auf die
Halbinsel Krimm oder unterwarfen sich ben Siegern unb blieben in
ben bisherigen Wohnsitzen. Auch bie Westgoten (süblich vom Dniestr)
vermochten bem gewaltigen Anprall nicht zn widerstehen; ein Stamm
zog sich unter Athanarich nach bem heutigen Siebenbürgen zurück,
bas Hauptheer unter Fritigern, ber bereits Christ war, ging über
ben letztgenannten Strom unb erhielt vom Kaiser Valens Wohnsitze
in Mösiert.
Ein Jahr hatten bie Westgoten hier verlebt, als sie sich, burch
bie treulose Behandlung ber römischen Statthalter gereizt, erhoben,
bie Römer in mehreren Schlachten besiegten unb bann raubend unb
verheereub bie ganze Halbinsel bis an ben Hellespont durchzogen.
Da rückte ihnen Valens mit Heeresmacht entgegen, erlitt aber bei