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VI. Geistliches und
Halle zwischen den Wassern still liegen. Nicht daß uns darnach dürstete zu
trinken, sondern nahmen gut torgisch Bier und guten rheinischen Wein
dafür; damit labten und rrösteten wir uns dieweil, ob die Saala wollte
wieder auszürnen. Denn weil die Leute und Fuhrmeister, auch wir selbst
zaghaftig waren, haben wir uns nicht in das Wasser begeben und Gott
versuchen wollen; denn der Teufel ist uns gram und wohnet im Wasser,
und es ist besser verwahrt denn beklagt, und ist ohne Not, daß wir dem
Papst samt seinen Schuppen eine Narrenfreude machen sollten. Ich hätte
nicht gemeint, daß die Saala einen solchen Sod machen könnte, daß sie über
Steinwege und alles so rumpeln sollte. Jetzo nicht mehr denn — betet für uns
und seid fromm! Ich halte, wärest Du hier gewesen, so hättest Du uns
auch also zu thun geraten; so wären wir Deinem Rate auch einmal gefolgt.
Hiermit Gott befohlen! Amen.“
Am 28. Januar ließ sich Luther, jetzt auch von Dr. Justus Jonas
begleitet, über die Saale setzen, noch immer nicht ohne Gefahr. An der
mansfeldischen Grenze erwartete sie ein gräfliches Ehrengeleit von 118 Pferden.
Kurz vor Eisleben aber wurde Luther von großer Schwäche, Schwindel und
Atemnot befallen, so daß man für sein Leben zu fürchten hatte. Doch bald
erholte er sich; am 81. konnte er schon wieder predigen, und am 1. Februar
meldete er alles seiner Getreuen: „Meiner herzlieben Hausfrau Katharina
Luther, Doktorin, Zülsdorferin, Säumärkterin und was sie mehr sein kann.
Gnade und Friede in Christo und meine alte, arme Liebe zuvor! Liebe
Käthe! Ich bin ja schwach gewesen auf dem Wege. Wir mußten durch
ein Dorf hart vor Eisleben, und da ich bei dem Dorfe war, ging mir ein
solch kalter Wind hinten in den Wagen ein auf meinen Kopf durchs Barett,
als wollte mir's das Hirn zu Eis machen. Solches mag nun zum Schwindel
etwas geholfen haben; aber jetzt bin ich gottlob wohl geschickt. Ich trinke
naumburgisch Bier fast des Schmacks, den du von Mansfeld mir etwa ge⸗
lobt hast. Deine Söhnchen sind gen Mansfeld gefahren ehegestern, weil sie
Hans von Jena so demütiglich gebeten hattel); weiß nicht, was sie da
machen. Wenn's kalt wäre, so möchten sie helfen frieren; nun es warm ist,
könnten sie wohl was anders thun oder leiden, wie es ihnen gefällt. Hier—
mit Gott befohlen samt allem Hause, und grüße alle Tischgesellen! Mar⸗
tinus Luther, Dein altes Liebchen.“
Schon am 6. Februar schreibt er ihr wieder, aber nur in aller Kürze,
da er alle Hände voll zu thun und der Bote es sehr eilig hatte. „Der
tiefgelehrten Frau Katharina Luther, meiner gnädigen Hausfrau zu Witten⸗
berg. Gnade und Friede! Liebe Käthe! Wir sitzen hier und lassen uns
) D. h., weil sie sich in Eisleben gelangweilt hatten. Hans von Jena, das jenaische
Stadtzeichen, ein Kopf, der alle Slunden beim Glockenschlage das Maul aufsperrt, die
Verloörperung der Langenweile.