Full text: Das Haus Hohenzollern

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Bretterbuden ausgeschlagen. Das schaulustige, namentlich das 
jugendliche Volk hatte, um den König besser sehen zu können 
und dem Gedränge zu entgehen, eine der Bretterbnden ein¬ 
genommen und bestiegen. Kanm hatte nun der Bürgermeister 
seine wohlgesetzte Rede zu halten begonnen, als jene zur 
Zuschauertrrbüne verwandelte Bretterbude unter der nicht für 
sie berechneten Last prasselnd zusammenbrach. Der König, 
ein Unglück befürchtend, sprang bestürzt aus dem Wagen und 
eilte zur vermeintlichen Unglücksstelle. Als er aber dort nur 
einen Knäuel lachender unverletzter Menschen am Boden 
liegen sah, lachte er selbst mit, wandte sich an den ver¬ 
blüfften, in seiner Rede gestörten Bürgermeister und rief 
demselben zu: „Sie scheinen hier zu Lande wirklich 
recht heitere Einfälle zu haben." 
Empfang Friedrich Wilhelms IV. in einem Landstädtchen. 
„Zuweilen wurde die Stille meiner Heimat," so erzählt 
ein Augenzeuge dieser Begebenheit, „von der Durchreise fürst¬ 
licher Personen unterbrochen; so erschienen der damals noch 
jugendliche Herzog Wilhelm von Braunschweig und der König 
Ernst August von Hannover. Ein größeres und glänzenderes 
Ereignis, dessen ich mich deutlich erinnere, war die Durchreise 
Friedrich Wilhelms IV., als er im Jahre 1841 nach London 
fuhr, um Pate bei der Prinzessin Viktoria, der späteren Kai¬ 
serin Friedrich, zu sein. 
Jugendeindrücke haften fest. und so steht mir noch sehr 
lebendig die Erscheinung des Königs vor Augen, wie er im 
offenen Wagen am Thor der Stadt ankam. Er war im 
Uberrock und hatte die Mütze etwas tief in die Stirn ge¬ 
drückt, und das Gesicht zeigte trotz der kleinen Augen einen 
lebhaften, etwas schalkhaften Ausdruck. Ein Kriegerverein 
wollte dem Könige unter dem Kommando eines sehr be¬ 
leibten L>teuerbeamten militärische Ehre erweisen und prä¬ 
sentierte bei dem Herannahen des ersten wallenden Feder¬ 
busches unter entsprechendem „Hurra", aber die Sache erwies 
sich als verfehlt; der Federbusch gehörte einem Adjutanten, 
der vorauffuhr und lächelnd auf die braven Krieger blickte. 
Als der König bald darauf ankam, vor dem Thore 
still hielt und eine Begrüßung erwartete, wußte keiner mehr,
	        
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