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wenn wir ihnen mehr Freiheit gewährten, würden wir sie
großen Versuchungen aussetzen. Wir sollten daher alles
aufbieten, um ihnen ihre Mußestunden im Hause so an¬
genehm als möglich zu machen, vor allem, indem wir ihnen
heitere, luftige Wohnhäuser zuweisen, was, wie ich fürchte,
nicht immer der Fall ist. Ich hoffe, die Baumeister werden
das im Auge behalten, wenn sie künftig Häuser bauen.
Ferner sollten in verschiedenen Teilen der Stadt Dienst¬
botenheime errichtet werden, wo diese sich abends treffen und
vor allem Sonntag-Nachmittags versammeln könnten, um
ihre gemeinschaftlichen Interessen zu besprechen und wo¬
möglich über ihre häuslichen Pflichten in Vorträgen unter¬
wiesen zu werden. Die Hauptfrage im Hinblick auf
unsere weibliche Dienerschaft ist ihre Moralität;
denn wer wäre von größerem Einfluß auf den
Charakter unserer Kinder als die Dienstmädchen,
die im täglichen Verkehr mit ihnen stehen.
Unser Kronprinz Friedrich Wilhelm.
geb. 6. Mai 1882.
„Sie hat keine Ahnung von militärischem Schritt."
Schon früh regte sich in unserem Kronprinzen der
künftige Soldat, wie nachstehende niedliche Geschichte beweist.
Seine erste Erziehung genoß Kronprinz Friedrich Wil¬
helm unter Leitung einer Gouvernante. Eines Tages nun
begab er sich direkt in die Gemächer seines Urgroßvaters,
an welchem er mit der größten Hochachtung und Verehrung
hing, und bat denselben flehentlich, er möchte doch feinen
Papa dazu veranlassen, daß ihn auf seinen Spaziergängen
ein Offizier begleite, denn es gewähre ihm kein Vergnügen,
mit feiner Erzieherin auf der Straße zu gehen.
„Regelmäßige Schritte kann sie nicht machen und trip¬
pelt nur wie alle Frauen," war die Schlußbemerkung. Er¬
heitert durch dieses kindliche Geplauder, gewährte Kaiser
Wilhelm gern diese Bitte. Der Kronprinz erhielt eine
Burckhart, Das Haus Hohenzollern. 3